Variante Winterstrom
Bei der Variante Winterstrom wird der Strommix so festgelegt, dass im Winterhalbjahr kein Defizit resultiert. Wie bei der Variante Dachsolar wird angenommen, dass das für den Flugverkehr benötigte Synthesekerosin importiert werden kann. Für die benötigte zusätzliche Strommenge werden Produktionstechnologien mit einem hohen Winteranteil berücksichtigt, die jedoch allesamt politisch umstritten sind.
Verbrauch/ Produktion | Jahr- 2019 [TWh/a] | Diff. [TWh/a] | Jahr- 2050 [TWh/a] | Sommer [%] | Sommer [TWh/a] | Winter [%] | Winter [TWh/a] | Investi- tion [GCHF] | Strom- Kosten [CHF/MWh] | Jahres- kosten [GCHF] |
Bedarf | -65.6 | -52.9 | -118.5 | 45.1 | -53.5 | 54.9 | -65.1 | 101.7 | – | 8.8 |
Stromverbrauch | -65.6 | -52.9 | -118.5 | 45.1 | -53.5 | 54.9 | -65.1 | 101.7 | – | 9.4 |
Energieträger | 0.0 | 0.0 | 0.0 | – | 0.0 | – | 0.0 | 0.0 | – | -5.7 |
Kerosinimport | 0.0 | 0.0 | 0.0 | – | 0.0 | – | 0.0 | 0.0 | – | 5.1 |
Produktion | 71.9 | 51.3 | 123.1 | 47.1 | 58.0 | 52.9 | 65.1 | 101.4 | 80 | 9.9 |
Kernkraftwerke | 25.3 | -25.3 | 0.0 | 48.0 | 0.0 | 52.0 | 0.0 | 0.0 | 48 | 0.0 |
Wärmekraftwerke | 3.7 | 0.2 | 3.9 | 50.5 | 2.0 | 49.5 | 1.9 | 0.3 | 81 | 0.3 |
Wasserkraftwerke | 40.6 | 9.4 | 49.9 | 58.9 | 29.4 | 41.1 | 20.5 | 12.3 | 61 | 3.1 |
Restwasser | 0.0 | 0.0 | 0.0 | 52.0 | 0.0 | 48.0 | 0.0 | 0.0 | 0 | 0.0 |
Gebäude-PV | 2.2 | 0.0 | 2.2 | 74.0 | 1.6 | 26.0 | 0.6 | 0.0 | 103 | 0.2 |
Alpine PV | 0.0 | 24.0 | 24.0 | 45.0 | 10.8 | 55.0 | 13.2 | 43.2 | 103 | 2.5 |
Windenergie | 0.1 | 43.0 | 43.0 | 33.0 | 14.2 | 67.0 | 28.8 | 45.6 | 88 | 3.8 |
Saldo | 6.3 | -1.6 | 4.5 | – | 4.5 | – | 0.0 | 203.2 | – | 18.7 |
Die Variante Winterstrom basiert auf einem Zubau von 9,4 TWh/a Wasserkraft, 24,0 TWh/a alpiner Photovoltaik und 43,0 TWh/a Windenergie. Die Diversität der Stromproduktionstechnologien ist vorteilhaft für die Versorgungssicherheit. Wasser-, Wind- und Solarenergieproduktion korrelieren wenig. Bei windigem Wetter scheint die Sonne selten, umgekehrt weht an sonnigen in der Regel wenig Wind. Und bei Dunkelflauten gibt es immer noch die Wasserkraft. Ein Mix aus Wind- und PV-Freiflächenanlagen sollte deshalb verlässlicher Strom liefern als ein einzelner Anlagentyp.
Der resultierende Produktionsmix ist in Tabelle 1 zusammengestellt. Der Vorgabe entsprechend resultiert kein Winterdefizit. Der jährliche Überschuss fällt vollumfänglich im Sommer an und bewegt sich mit 4,5 TWh/a in einem vernünftigen Rahmen. Mit 80 CHF/MWh resultieren in der vorliegenden Variante auch durchaus akzeptable Produktionskosten. Umgerechnet auf den gesamten Strombedarf ergeben sich jährliche Stromkosten von 9,9 Mia. CHF/a. Bei diesen Kosten wurden allfällige Einnahmen aus Sommerstromexporten nicht berücksichtigt. Die jährlichen Gesamtkosten belaufen sich auf 18,7 Mia. CHF/a.
Der Hauptnachteil der Variante Winterstrom besteht in der mit ihr verbundenen Landschaftsbeeinträchtigung. Für die benötigten 24,0 TWh/a Strom aus der alpinen Photovoltaik muss in den Schweizer Alpen eine Fläche von 88 km2 mit Solarmodulen bedeckt werden. Hinzu kommen 5’313 Windturbinen zur Produktion der benötigten 42,5 TWh/a Windstrom.
Der Zubau einer solch grossen Anzahl von alpinen Solar- und Windanlagen wird aufgrund der damit verbundenen Landschaftsbeeinträchtigung auf erheblichen politischen Widerstand stossen. Dies ist das Hauptargument welches gegen die ansonsten sehr vorteilhafte Variante Winterstrom spricht.
Die grundsätzliche Analyse teile ich. Die Begrenzung aufs Inland ist einfacher zu berechnen, übersieht aber mE wichtiges.
1. Wenn der Solar-Ausbau im Ausland so weitergeht, laufen wir in kontinentale Ueberschüsse hinein. Angesichts dessen ist der Ausbau der Dach-PV in der Schweiz noch negativer zu bewerten.
2. Bei Wind ist die Energiedichte an optimalen Standorten mit 2-facher Windgeschwindigkeit etwa 8x so hoch wie in der Schweiz (oft auch einfacher erschliessbar). Diese komparativen Vorteile müssten die Kosten von HVDC-Leitungen über lange Distanzen und selbst von Pipelines bei chemischen Trägern und Rückverstromung mehr als aufwiegen. Schweizer Wind erscheint so als (teure) Uebergangslösung.
3. Bei Solar ist der komparative Vorteil optimaler Standorte etwas weniger ausgeprägt, aber überschlagsmässig immer noch gross genug, um Schweizer Standorte zu schlagen.
Falls die Zukunft aus Wind und Solar besteht, scheint mir eine Versorgung aus dem Ausland (Küstengebiete, Wüsten näher am Aequator) die wahrscheinlichste Entwicklung, und zwar zu deutlich günstigeren Preisen als bei inländischem Zubau. Die Versorgungssicherheit wäre mit Bezugsrechten, Rechten an Uebertragungsleitungen und Pipelines, Speichern für chem. Energieträger und geographischer Diversifikation der Lieferanten anzustreben.
Im Inland mithalten können aus preislicher Sicht Wasserkraft und AKW.