Negativemissionen

Abbildung 1: Atmosphäre der Erde, aufgenommen von der ISS (Bildquelle).

Um das Netto-Null-Ziel zu erreichen genügt es nicht alle fossilen Energieträger zu ersetzen. Abgesehen davon, dass dies nicht vollständig möglich ist gibt es insbesondere in der Zementindustrie und der Landwirtschaft signifikante Treibhausgasemissionen die sich nicht vermeiden lassen. Die im Jahr 2050 noch verbleibenden klimawirksamen Treibhausgasemissionen belaufen sich auf 17,6 Mt CO2-eq/a.

Für die Erreichung des Netto-Null-Ziels muss dieselbe Menge CO2 kompensiert werden. Dazu muss in einem ersten Schritt CO2 aus der Atmosphäre abgeschieden und in einem zweiten Schritt dauerhaft im Untergrund gespeichert werden.

Unten sind die im Jahr 2050 verbleibenden Treibhausgasemissionen und die Kosten sowie der Energiebedarf für ihre Speicherung zusammengestellt.

  • Restemissionen

    Restemissionen

    Auch wenn alle fossilen Energieträger ersetzet wurden werden weiterhin menschgemachte Treibhausgase in die Atmosphäre abgegeben. In der Schweiz wird im Jahr 2050 immer noch 20,9 Mt klimawirksames CO2 freigesetzt.

  • Sequestrierung

    Sequestrierung

    Die Sequestrierung von CO2 auch Carbon Capture and Storage (CCS) genannt, erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt wird CO2 meist bei Verbrennungsprozessen abgeschieden und im zweiten Schritt dauerhaft im Untergrund gespeichert.

CO2-Abscheidung an der Quelle

Die Abscheidung von CO2 ist am effizientesten wenn sie direkt an der Quelle, dort wo das CO2 produziert wird, erfolgt. Dazu kommen in der Schweiz die folgenden Methoden in Frage:

  • Biogaswäsche: Das bei der Biogasproduktion anfallende Rohbiogas enthält bis zu 50% CO2– das abgeschieden werden kann
  • Rauchgaswäsche: Bei Wärmekraftwerken wird das CO2 aus den Abgasen abgeschieden
  • Oxyfuelverfahren: Die Verbrennung mit reinem Sauerstoff erlaubt bei Industriefeuerungen eine besonders energieeffiziente CO2-Abscheidung
  • Pflanzenkohle: Wenn aus Biomasse in Pflanzenkohle produziert wird, kann damit die Zersetzung der Biomasse verhindert werden. Das CO2 bleibt so gebunden

Mit der CO2-Abscheidung direkt an der Quelle können 15,6 Mt CO2-eq/a der nicht vermeidbaren Treibhausgas-Emissionen abgeschieden oder reduziert werden. Die dafür benötigten Investitionskosten belaufen sich auf 6,0 Mia. CHF, die Kapital- und Betriebskosten auf 0,5 Mia. CHF/a und der Energiebedarf auf 14,5 TWh/a.

Im Folgenden wird im Detail auf die einzelnen Abscheidemethoden sowie auf ihre Kosten, ihr Energiebedarf und ihre Akzeptanz eingegangen.

  • Biogaswäsche

    Biogaswäsche

    Bei der Vergärung von Biomasse entsteht Rohbiogas das neben Methan als Nebenprodukt auch CO2 enthält. Wird dieses CO2 abgeschieden und dauerhaft gespeichert entsteht eine negative Emission. Die Abscheidung von CO2 aus dem Rohbiogas ist Stand der Technik und wird in grossem Umfang praktiziert.

  • Rauchgaswäsche

    Rauchgaswäsche

    Mit der Rauchgaswäsche wird CO2 aus den Abgasen von Verbrennungsanlagen abgeschieden. Das am meisten verbreitete Verfahren dazu, ist die Amin-Wäsche. Ihr Vorteil ist, dass sie bei bestehenden Verbrennungsanlagen nachgerüstet werden kann und keine Eingriffe in den eigentlichen Verbrennungsprozess notwendig sind.

  • Oxyfuelverfahren

    Oxyfuelverfahren

    Beim Oxyfuelverfahren wird der Brennstoff in einer Atmosphäre von reinem Sauerstoff und CO2 verbrannt. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass das resultierende Abgas nur aus Wasserdampf und CO2 besteht welches sehr einfach abgeschieden werden kann.

  • Pflanzenkohle

    Pflanzenkohle

    Mit der Herstellung von Pflanzenkohle kann dem natürlichen Kreislauf CO2 entzogen werden. Traditionell erfolgt deren Herstellung durch Verkohlung von Holz in Meilern. Bei den modernen Verfahren wird Biomasse unter Luftabschluss auf Temperaturen zwischen 300 °C und 600 °C erhitzt (Pyrolyse).

CO2-Abscheidung aus der Umgebungsluft

Für die Erreichung des Netto-Null-Zieles müssen 17,6 Mt CO2-eq/a abgeschieden werden. Da an der Quelle lediglich 15,8 Mt CO2/a entfernt werden können, fehlen somit 1,8 Mt CO2/a. Diese müssen der Umgebungsluft entzogen werden.

Wälder wären dazu in der Lage.

  • Aufforstung: Dank dem Waldzuwachs werden in der Schweiz rund 2,5 Mt CO2 pro Jahr in Form von Waldholz gespeichert. Doch für die Erreichung der Klimaziele ist diese CO2-Menge nicht relevant. Dies weil der natürliche Waldzuwachs im Unterschied zu von Menschen durchgeführten Aufforstungen gemäss Kyoto-Protokoll nicht als negative Emission angerechnet werden kann.

Somit müssen die fehlenden 1,8 Mt CO2/a auf technischem Weg direkt aus der Atmosphäre abgeschieden werden.

  • Direct-Air-Capture (DAC): Dieses Verfahren ist sehr energieintensiv und teuer Die Abscheidung von lediglich 1,8 Mt CO2/a mit dem DAC-Verfahren erfordert Investitionen von 5,7 Mia. CHF und verursacht Kapital- und Betriebskosten von 0,5 Mia. CHF/a. Hinzu kommt noch ein Energiebedarf von 3,3 TWh/a.

Die beiden Abscheidemethoden werden unten im Detail vorgestellt.

  • Aufforstung

    Aufforstung

    Wälder entziehen der Atmosphäre CO2. Sie nutzen bei ihrem Wachstum das in der Luft vorhandene CO2 zum Aufbau von Biomasse. Die dafür benötigte Energie wird von der Sonne geliefert. Solange die gebildete Biomasse nicht verrottet, bleibt das CO2 gebunden.

  • Direct Air Capture

    Direct Air Capture

    Falls die CO2-Abscheidepotenziale aus Biomasse nicht ausreichend sind, kann als Alternative auf die CO2-Abscheidung aus der Umgebungsluft, das sogenannte Direct Air Capturing (DAC)zurückgegriffen werden.

CO2-Langzeitspeicherung

Um die Klimaziele zu erreichen reicht es nicht aus das CO2 lediglich abzuscheiden. 16,4 Mt CO2/a müssen dauerhaft im Untergrund gespeichert und so dem Ökosystem entzogen werden. Dazu kommen die folgenden Speichermethoden in Frage:

  • Verpressung im Untergrund: Das abgeschiedene CO2 wird in saline Aquifere oder ausgebeutete Erdgas- und Erdöllagerstätten verpresst und so langfristig im Untergrund gespeichert
  • In-situ Karbonatisierung: CO2 wird in geeigneten Gebieten in Form von Kohlensäure in den Untergrund gepumpt und reagiert dort mit dem Gestein zu Karbonaten. Diese sind chemisch stabil und in der Lage das CO2 über lange Zeiträume zu binden.
  • Verwitterung: Die chemische Reaktion von CO2 mit gewissen Mineralien zu Karbonaten ist ein natürlicher Verwitterungsprozess der sich dauernd in der Natur abspielt. Die Verwitterung kann durch technische Massnahmen beschleunigt werden und damit zur Langfristspeicherung von CO2 herangezogen werden.

Aufgrund der ungünstigen geologischen Verhältnisse in der Schweiz ist für die Langzeitspeicherung des CO2 eine Lösung im Ausland anzustreben. Die Kosten für die Speicherung der genannten 16,4 Mt CO2/a belaufen sich auf rund 1,0 Mia. CHF/a im Falle einer Speicherung in ausgebeuteten Erdgas- und Erdöllagerstätten unter der Nordsee und 1,4 Mia. CHF/a für die Speicherung des CO2 mittels insitu Karbonatisierung (bei einem angenommenen Strompreis von 48 CHF/MWh).

Falls die Langzeitspeicherung in der Schweiz erfolgen müsste, wäre mit Investitionskosten von 3,0 Mia. CHF und Kapital- und Betriebskosten von rund 2,7 Mia. CHF/a zu rechnen (bei einem angenommenen Strompreis von 100 CHF/MWh).

Anstatt das abgeschiedene CO2 langzeitzuspeichern kann es falls es aus einer klimaneutralen Quelle stammt auch wiederverwendet werden:

  • Wiederverwendung: Beim Wiederverwenden von abgeschiedenem CO2, dem sogenannte Carbon Capture and Utilization (CCU), werden aus CO2 und Wasserstoff klimaneutrale Kunst- und Treibstoffe synthetisiert.

Die mit der Wiederverwendung einhergehenden Prozess- und Verfahrensschritte sind jedoch sehr aufwändig und teuer. Dadurch wird die Wiederverwendung um eine Grössenordnung teurer als die geologische Langzeitspeicherung. Aus wirtschaftlicher Sicht ist völlig CCU uninteressant.

Im Folgenden wird im Detail auf die einzelnen Langzeitspeichermethoden und die Wiederverwendung von CO2 sowie auf ihre Kosten, ihren Energiebedarf und ihre Akzeptanz eingegangen.

  • Verpressung im Untergrund

    Verpressung im Untergrund

    Für die dauerhafte Speicherung von abgeschiedenem CO2 wird oft vorgeschlagen, dieses im Untergrund in salinen Aquiferen oder in ausgebeuteten Gas- und Erdöllagerstätten zu verpressen.

  • In-situ Karbonatisierung

    In-situ Karbonatisierung

    Wenn das CO2 in Form von Karbonaten vorliegt, entfallen die Sicherheitsbedenken welche zur Speicherung des gasförmigen CO2 im Untergrund bestehen. Karbonate sind ungiftig, unlöslich und können CO2 während geologischen Zeiträumen sicher speichern.

  • Beschleunigte Verwitterung

    Beschleunigte Verwitterung

    Die Karbonatisierung von basischen Gesteinen ist ein natürlicher Verwitterungsprozess, der selbstverständlich auch an der Erdoberfläche stattfindet. Dabei reagieren basische und ultrabasische Gesteine wie Basalt, Peridotit, Dunit oder Serpentinit mit dem CO2 und bilden daraus Karbonate. Diese sind ungiftig, unlöslich und können ohne speziellen Vorkehren deponiert aber auch im Bauwesen wiederverwendet werden.

  • Wiederverwendung

    Wiederverwendung

    Falls das abgeschiedene CO2 aus einer klimaneutralen Quelle stammt und wiederverwendet wird kann auf eine Langzeitspeicherung verzichtet werden. Dieses Vorgehen wird als Carbon Capture and Utilization (CCU) bezeichnet. Die Wiederverwendung beinhaltet insbesondere die Herstellung von synthetischen Treibstoffen.

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