Stromnetz

Abbildung 1: Hochspannungsleitungen und Strasse (Bildquelle).

Um das Netto-Null-Ziel zu erreichen, reicht es nicht aus, alle Heizungen durch Wärmepumpen zu ersetzen, die Mobilität zu elektrifizieren und den benötigten klimaneutralen Strom bereitzustellen. Es braucht auch ein Stromnetz, das die zusätzlichen Verbraucher und Erzeugungsanlagen zuverlässig miteinander verbinden kann.

Ein wesentliches Merkmal von Stromnetzen ist, dass sich die Produktion und der Verbrauch von Strom stets im Gleichgewicht befinden müssen. Mit einem eingespielten Regelsystem sorgen die Netzbetreiber dafür, dass dieses Gleichgewicht auch bei Störungen wie z.B. dem Ausfall eines Kraftwerkes stets erhalten bleibt.

Mit dem aufgrund der Klimastrategie 2050 notwendigen Umbau der Stromversorgung wird diese Aufgabe deutlich schwieriger. Die neuen erneuerbaren Produktionsanlagen liefern ihren Strom viel unregelmässiger als die traditionellen Kraftwerke. Zudem steigt der Stromverbrauch mit der weitgehenden Elektrifizierung des Energiesystems deutlich an.

Damit ergeben sich für das Stromnetz die fünf folgenden Problembereiche:

  • Einbindung Produktion: In Zukunft werden insbesondere im Bereich der Gebäudephotovoltaik sehr viele, kleine Produktionsanlagen am Stromnetz angeschlossen werden müssen. Dabei ist mit Spitzenbelastungen zu rechnen, z.B. wenn zur Mittagszeit an sonnigen Sommertagen alle Photovoltaikanlagen gleichzeitig mit maximaler Leistung produzieren.
  • Einbindung Verbrauch: Der Ersatz der fossilen Heizungen durch Wärmepumpen und die zusätzlichen Elektroautos sorgen für einen höheren Stromverbrauch, der einen Netzausbau erforderlich macht. Erschwerend kommt hinzu, dass der Verbrauch Spitzenbelastungen erzeugen kann. So benötigen an kalten Tagen alle Wärmepumpen mehr Strom und Elektroautos werden meist am frühen Abend an die Heimladestationen angeschlossen. Das Stromnetz muss in der Lage sein diese Spitzen zu bewältigen.
  • Ausgleich kurzfristiger Schwankungen: Die Produktion von Wind- und Photovoltaikanlagen variiert deutlich stärker als der heutige Produktionsmix aus Wasser- und Kernenergie. Das Energiesystem muss in der Lage sein mit kurzfristigen Schwankungen wie den Tag- und Nachtschwankungen der Photovoltaik umzugehen.
  • Ausgleich längerfristiger Schwankungen: Längerfristige Schwankungen der Stromproduktion können aufgrund von Dunkelflauten bei Solar- oder Windkraftanlagen oder von Wassermangel bei Wasserkraftwerken auftreten. Im Hinblick auf die Versorgungssicherheit müssen auch solche Produktionsausfälle beherrscht werden können.
  • Saisonaler Ausgleich: Der Stromverbrauch im Winter ist höher als im Sommer und die Schweiz ist bereits heute auf Stromimporte angewiesen. Mit dem zunehmenden Einsatz von Wärmepumpen wird sich dieses Ungleichgewicht noch akzentuieren.

Im Folgenden wird das heutige Stromnetz vorgestellt und die Auswirkungen der Energiewende auf den Netzausbau aufgezeigt.

  • Heutiges Stromnetz

    Heutiges Stromnetz

    Das schweizerische Stromnetz versorgt 5,1 Mio. Kunden und besteht aus 250‘000 km Leitungen. Es ist hierarchisch aufgebaut und unterteilt sich in sieben Netzebenen.

  • Netzausbaukosten

    Netzausbaukosten

    Um die Ziele der Klimastrategie 2050 zu erreichen muss das schweizerische Energiesystem weitgehend elektrifiziert werden. Dies hat auch Auswirkungen auf das Stromnetz. Die neuen erneuerbaren Produktionsanlagen liefern ihren Strom viel unregelmässiger als die traditionellen Kraftwerke. Zudem steigt der Stromverbrauch wegen der zunehmenden Elektrifizierung deutlich an.

Herleitung der Netzausbaukosten

Die zum Thema Netzausbau verfügbaren Studien basieren zum grössten Teil auf den Annahmen der Energieperspektiven 2050+ (EP2050+). Sie gehen somit von einem zu niedrigen Stromverbrauch und einem mehrheitlich auf Gebäudephotovoltaik basierenden Produktionsmix aus. Dies gilt auch für die im Folgenden für die Herleitung der Netzausbaukosten verwendete Verteilnetzstudie des Bundesamtes für Energie (BFE). In den Beiträgen «Einbindung Produktion» und «Einbindung Verbrauch» wird dargelegt, wie die Resultate der BFE-Verteilnetzstudie mittels einfacher Näherungen auf andere Verbrauchs- und Produktionsszenarien übertragen werden können.

Der Ausgleich kurz- und längerfristiger Produktionsschwankungen wird in der BFE-Verteilnetzstudie leider nur am Rande behandelt. Dazu erhoffe ich mir vom der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) weitergehende Informationen. Gemäss der VSE-Website werden die Resultate Anfang 2024 verfügbar sein. In Ermangelung aktuellerer Resultate stützt sich die Herleitung der Speicherkosten auf die noch auf der Energiestrategie 2050 basierende Speicherstudie der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) sowie den Bericht «Winterproduktionsfähigkeit» der Schweizerischen Elektrizitätskommission (ElCom).

  • Einbindung Produktion

    Einbindung Produktion

    Die ursprünglich für die Versorgung von Verbrauchern ausgelegten Verteilnetze der unteren Spannungsebenen (Netzebenen NE3 bis NE7) stehen vor der Herausforderung zukünftig kleinere und mittlere Erzeugungsanlagen aufzunehmen. Dabei muss das Stromnetz so ausgelegt werden, dass es die maximale Einspeiseleistung dieser Anlagen aufnehmen kann.

  • Einbindung Verbrauch

    Einbindung Verbrauch

    Aufgrund der weitgehenden Elektrifizierung des Energiesystems steigt auch der Stromverbrauch. Dieser Mehrverbrauch macht auch einen Ausbau des Stromnetzes erforderlich. Der Umfang des Ausbaus wird insbesondere durch die Elektromobilität und die zusätzlichen Wärmepumpen bestimmt.

  • Ausgleich kurzfristiger Schwankungen

    Ausgleich kurzfristiger Schwankungen

    Der Stromverbrauch schwankt. Er ist am Tag höher als in der Nacht und an Wochenenden niedriger als unter der Woche. Hinzu kommen die Schwankungen aufgrund der unregelmässigen Produktion von Wind- und Solaranlagen. Für den . Für den Ausgleich dieser kurzfristigen Schwankungen in einem Periodenbereich von 12 Stunden bis zu mehreren Tagen kommen insbesondere Speicherkraftwerke, Pumpspeicherwerke…

  • Ausgleich längerfristiger Schwankungen

    Ausgleich längerfristiger Schwankungen

    Unter längerfristigen Schwankungen werden an dieser Stelle als Schwankungen mit Perioden bis zu einem Monat verstanden. Sie werden in der Regel durch ungünstige Wetterbedingungen verursacht. Als Beispiele können Produktionsrückgänge aufgrund von Dunkelflauten bei der Wind- oder Solarenergie oder Wassermangel bei Wasserkraftwerken genannt werden.

  • Saisonaler Ausgleich

    Saisonaler Ausgleich

    Der Stromverbrauch im Winter ist höher als im Sommer und die Schweiz ist bereits heute auf Stromimporte angewiesen. Mit dem zunehmenden Einsatz von Wärmepumpen wird sich dieses Ungleichgewicht noch akzentuieren.

Innovativer Netzausbau

Bei den obenstehenden Ausführungen wurde angenommen, dass die Erhöhung der Aufnahmekapazität mittels konventioneller Netzausbau-Massnahmen erfolgt. Unter konventionellem Netzausbau wird der Ersatz vorhandener Leitungen und Transformatoren verstanden. Seit kurzer Zeit sind auch sogenannt innovative Ausrüstungen für den Netzausbau am Markt erhältlich oder werden noch in Pilotprojekten getestet. Hierzu gehören zum Beispiel spannungsgeregelte Transformatoren oder Spannungshaltung über Einspeisung von Blindleistung. Durch den innovativen Netzausbau reduziert sich der Investitionsbedarf gegenüber dem klassischen Netzausbau um rund 50 % (vgl. Kapitel 8.1.2.3, VSE-Bericht «Wege in die Stromzukunft»).

In den für die Herleitung der Netzkosten verwendeten Berichten und Studien wurden unkonventionelle Netzausbau-Massnahmen nicht berücksichtigt. Auch dazu erhoffe ich mir von der angekündigten neuen VSE-Studie nähere Angaben.

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