Einbindung Produktion

Abbildung 1: Dachsolaranlage in Meggen (Bildquelle).

Die ursprünglich für die Versorgung von Verbrauchern ausgelegten Verteilnetze der unteren Spannungsebenen (Netzebenen NE3 bis NE7) stehen vor der Herausforderung zukünftig kleinere und mittlere Erzeugungsanlagen aufzunehmen. Dabei muss das Stromnetz so ausgelegt werden, dass es die maximale Einspeiseleistung dieser Anlagen aufnehmen kann.

Im Rahmen der Studie «Auswirkungen einer starken Elektrifizierung und eines massiven Ausbaus der Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien auf die Schweizer Stromverteilnetze (BFE-Verteilnetzstudie)» hat das BFE die Netzausbaukosten der verschiedenen Szenarien der Energieperspektiven 2050+ untersuchen lassen. Zudem wurden die mit einer Einspeiseleistungslimitierung von PV-Anlagen erzielbaren Kostenreduktionen bestimmt.

Tabelle 1: Leistung der installierten Gebäudephotovoltaik der verschiedenen Szenarien der EP2050+ und zugehörige Netzausbauinvestitionen in Mia. CHF (Quelle: BFE-Verteilnetzstudie, https://pubdb.bfe.admin.ch/de/publication/download/11205).

SzenarienPV-Leistung
[GW]
Netzausbau-
investition
davon
PV-Anlagen
davon
Mehrverbrauch
Status Quo2.930.02.627.4
Weiter wie bisher12.245.011.034.0
Zero Basis37.575.033.841.3
Zero A44.684.040.143.9
Zero Ständerat41.382.037.244.8
Limitierung 70%31.969.628.740.9
Limitierung 85%26.365.023.641.4

In Tabelle 1 sind die für die jeweiligen Szenarien angenommenen Einspeiseleistungen der PV-Anlagen sowie die erforderlichen Netzausbauinvestitionen zusammengestellt. Dazu ist anzumerken, dass sich die Analysen in der BFE-Verteilnetzstudie im Wesentlichen auf Gebäudephotovoltaik bezieht.

Abbildung 2: Leistung der installierten Dach-PV-Anlagen der verschiedenen Szenarien der EP2050+ und zugehörige Netzausbauinvestitionen.

In Abbildung 2 sind die PV-Leistung der zusätzlichen Gebäudephotovoltaik (Tabelle 1, Spalte 2) und die Netzausbauinvestitionen (Tabelle 1, Spalte 3) gegeneinander aufgetragen. Obwohl die aufgeführten Netzausbauinvestitionen neben den für die Gebäude-PV-Anlagen erforderlichen Investitionen auch die Investitionen für den Mehrverbrauch der Elektrifizierung des Energiesystems beinhalten, zeigt sich ein ausgeprägter linearer Zusammenhang zwischen PV-Leistung und Netzausbauinvestition. Daraus kann geschlossen werden, dass auch zwischen der PV-Leistung und der nur dafür benötigten Netzausbauinvestition ein linearer Zusammenhang besteht.

Netzausbaukosten von zusätzlicher Gebäudephotovoltaik

Mit Hilfe der beiden Szenarien mit Einspeiselimitierung (Limitierung 70% und 85%) können die Beiträge der Netzausbauinvestitionen für die PV-Anlagen und für den Mehrverbrauch separiert werden. Mit der Limitierung der Einspeiseleistung können die Netzausbaukosten reduziert werden. Eine Limitierung der Einspeiseleistung z.B. auf 70% reduziert die Netzausbaukosten um 30%. Der Einfluss der Limitierung auf die Stromproduktion ist gering. Gemäss einem Whitepaper des Vereins Smart Grid Schweiz führt eine Limitierung der Spitzenleistung auf 70% je nach Standort und Ausrichtung der PV-Anlage zu einer Produktionseinbusse von lediglich 1 bis 3 % (Quelle). Weil mit der Limitierung der Einspeiseleistung auf 70% die Netzausbaukosten um 30% sinken, die Stromproduktion jedoch nur um 3%, kann die Limitierung wirtschaftlich interessant sein.

Die drei Szenarien Zero Basis, Limitierung 85% und Limitierung 70%, unterscheiden sich lediglich bezüglich der Netzausbauinvestitionen für die PV-Anlagen. Die Netzausbauinvestitionen für den Mehrverbrauch sind identisch. Somit kann aufgrund der Einsparung durch die Einspeiselimitierung auf die Netzausbaukosten der PV-Anlagen geschlossen werden. Bei einer Kappung der Leistung um 30% reduzieren sich die Netzausbaukosten um 10 Mia. CHF (vgl. Bild 3.62 der BFE-Verteilnetzstudie). Die Ausbaukosten für 100% belaufen sich somit auf 33,3 Mia. CHF. Dies entspricht der Photovoltaikleistung des Szenarios Zero Basis von 37,5 GW Photovoltaik. Pro GW installierter PV-Leistung ergeben sich somit Netzausbaukosten von 0,9 Mia. CHF. Mit diesem Faktor können nun Netzausbauinvestitionen für die zusätzlichen PV-Dachanlagen (Tabelle 1, Spalte 4) und den Investitionen für den Strommehrbedarf (Tabelle 1, Spalte 5) abgeleitet werden.

Mittels einer Einspeiselimitierung auf 70% können die Netzausbaukosten der Gebäudephotovoltaik von 0,9 Mia. CHF/GW auf 0,6 Mia. CHF/GW gesenkt werden.

Verteilung der Netzausbaukosten auf die verschiedenen Netzebenen

Die Netzausbaukosten verteilen sich nicht gleichmässig auf die verschiedenen Netzebenen. Wie aus Abbildung 3 ersichtlich ist, beeinflusst die Limitierung den Ausbaubedarf in der Netzebene NE7 kaum. Hingegen zeigt sich in den Netzebenen NE5 und NE3 eine deutliche Reduktion der benötigten Kabellängen und damit der Kosten. Im Umkehrschluss fallen auch die Netzausbaukosten für zusätzliche PV-Anlagen in den Netzebenen NE3 und NE5 an.

Abbildung 3: Netzausbaubedarf für bei einer Spitzenkappung von 70 % und 85 % für das Jahr 2050 im Vergleich zum Szenario ZERO Basis (Quelle Bild 3.26, BFE-Verteilnetzstudie).

Der geringe Einfluss der PV-Leistung in der Netzebene NE7 und der grössere Einfluss in den Netzebenen NE5 und NE3 lässt sich dadurch erklären, dass die Einspeisungen der kleinen PV-Anlagen in der Netzebene NE7 langfristig nicht auslegungsrelevant sind. Dies liegt daran, dass in der Netzebene NE7 aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung zusätzliche Verbraucher angeschlossen werden und diese und nicht die PV-Leistung den Netzausbaubedarf bestimmen. Die grösseren PV-Anlagen werden in den Netzebenen NE5 und NE3 angeschlossen. Dort fehlen die zusätzlichen Verbraucher. Damit werden die Einspeisungen von Erzeugungsanlagen in den Netzebenen NE5 und NE3 auslegungsrelevant und führen zu einem entsprechenden Ausbaubedarf. Darüber hinaus können auch Einspeisungen von Erzeugungsanlagen in der Netzebene NE7 Auswirkungen auf den Ausbaubedarf in den Netzebenen NE5 und NE3 haben..

Gemäss der BFE-Verteilnetzstudie verteilen sich die Netzausbaukosten zu 60% auf die Netzebene NE5 und zu 40% auf die Ebene NE3.

Der Einfluss der neuen Produktionsanlagen auf die Netzebene NE1 ist gering. Dies, weil sich die neuen Produktionsanlagen mehr oder weniger gleichmässig über die Schweiz verteilen und eine solche geografisch gleichmässig verteilte, verstärkte dezentrale Einspeisung in den unteren Netzebenen wenig Einfluss auf das Übertragungsnetz (Netzebene NE1) hat.

Netzausbaukosten von alpinen Solaranlagen und Windenergieanlagen

Wir bereits erwähnt, basieren die Analysen in der BFE-Verteilnetzstudie im Wesentlichen auf PV-Dachanlagen mit kleinerer bis mittlerer Leistung, die in der Ebene NE7 und in geringerem Masse in der Ebene NE5 angeschlossen werden. Grosse Erzeugeranlagen wie alpine Solaranlagen oder Windenergieanlagen werden hingegen in der Ebene NE3 angebunden.

Leider enthält die BFE-Verteilnetzstudie keine Angaben zu den Netzausbaukosten von grösseren Erzeugungsanlagen. Da bei diesen Anlagen jedoch ein Netzausbau in der Ebene NE5 entfällt, kann davon ausgegangen werden, dass deren Netzausbaukosten tiefer ausfallen. In Analogie zu den Ausführungen im vorherigen Unterkapitel werden die Netzausbaukosten von grösseren Erzeugungsanlagen auf 40% der Kosten von PV-Dachanlagen geschätzt. Dies entspricht 0.4 Mia CHF/GW. Bei alpinen Solaranlagen können diese Kosten mittels einer Einspeiselimitierung auf 70% sogar auf 0,3 Mia. CHF/GW gesenkt werden.

Netzausbaukosten von Wasser- und Kernkraftwerken

Die Einbindung der geplanten Wasserkraftwerke und bereits bestehender struktureller Engpässe erfordern einen Ausbau der Netzebene NE1. Im Vergleich zu den Netzausbaukosten der unteren Netzebenen sind diese jedoch relativ klein. Gemäss dem aktuellen Ausbauplan «Strategisches Netz 2025» sind bis zum Jahr 2025 Investitionen von 2,3 Mia. CHF vorgesehen. Ein neuer Mehrjahresplan mit der Bezeichnung «Strategisches Netz 2040» ist in Vorbereitung.

In der Vorliegenden Abschätzung werden die Netzausbaukosten von Wasser- und Kernkraftwerken vernachlässigt.

Netzausbaukosten in Abhängigkeit der Jahresproduktion

Da in den Szenarien des vorliegenden Blogs mit dem Jahresproduktion der zusätzlichen Produktionsanlagen statt mit ihrer Leistung gearbeitet wird, müssen die Netzausbaukosten auch auf die zusätzliche Jahresproduktion umgerechnet werden. Die Resultate sind in Tabelle 2 zusammengestellt.

Tabelle 2: Zusammenstellung der Netzausbaukosten verschiedener Produktionsanlagen in Abhängigkeit von Leistung resp. Jahresproduktion (in Mia. CHF, Berechnungsgrundlagen für Jahreskosten: Betriebskosten 4%, Betriebsdauer 40 Jahre, Realzins 1,6%).

TechnologieLeistung
[GW]
Vollast-
stunden
[h/a]
Pro Jahr
[TWh/a]
Kosten pro
GW
Kosten pro
TWh/a
Jahres-
kosten pro
TWh/a
Produktions-
verlust
[TWh/a]
Gebäude-PV1.09700.970.900.930.0690.00
Gebäude-PV mit 70%-Cap1.09410.940.630.670.0500.03
Alpin-PV1.01’5001.500.360.240.0180.00
Alpin-PV mit 70%-Cap1.01’4551.460.250.170.0130.05
Windenergie1.02’0002.000.360.180.0130.00
Wasserkraft1.02’2902.290.000.000.0000.00
Kernenergie1.08’0008.000.000.000.0000.00

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