Raum­­heizung

Abbildung 1: Historischer Gussradiator (Bildquelle).

Heutiger Energiebedarf

In der Schweiz wurde 2019 eine Gebäudefläche von 775 Mio. m2 beheizt (Energiebezugsfläche, EBF). Der gesamte Energiebedarf für die Erzeugung von Raumwärme belief sich auf 64,2 TWh/a, was einem mittleren spezifischen Heizbedarf von 83 kWh/m2/a entspricht. Von der eingesetzten Heizenergie entfielen 43,5 TWh/a auf fossile Brennstoffe, 7,4 TWh/a auf Holz, 0,1 TWh/a auf Biomüll, 0,3 TWh/a auf Biogas, 3,6 TWh/a auf Fernwärme, 3,0 TWh/a auf Strom für Elektroheizungen und auf 2,2 TWh/a Strom für Wärmepumpen. Letztere bezogen zusätzlich 4,2 TWh/a Wärme aus der Umgebung.

Zukünftiger Energiebedarf

Gemäss den BFS-Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung 2020 steigt die Bevölkerung bis 2050 um 20%. Entsprechend steigt die EBF um 155 Mio. m2 auf 930 Mio. m2. Der Energiebedarf muss jedoch nicht proportional steigen. Er lässt sich insbesondere durch eine verbesserte Isolation deutlich senken.

Zur Abschätzung des Reduktionspotenzials wird von einem stark vereinfachten Modell ausgegangen. Es wird angenommen, dass sich der schweizerische Gebäudebestand aus Altbauten mit einem spezifischen Heizbedarf von 120 kWh/m2/a und Neubauten mit einem solchen von 40 kWh/m2/a zusammensetzt. Bei einem Anteil von 54% Altbauten und 46% Neubauten resultiert der spezifische Heizbedarf von 83 kWh/m2/a des Jahres 2019.

Mit einer Sanierung kann der spezifische Heizbedarf eines Altbaus von 120 kWh/m2/a auf 60 kWh/m2/a gesenkt werden (Quelle). Wenn alle Altbauten saniert werden sinkt dadurch der durchschnittliche spezifische Heizbedarf der aktuellen EBF auf 51 kWh/m2/a.

Der spezifische Heizbedarf der zusätzlich benötigten EBF von 155 Mio. m2 beläuft sich auf 40 kWh/m2/a, woraus sich ein neuer mittlerer spezifischer Heizbedarf von 49 kWh/m2/a für die EBF des Jahres 2050 ergibt.

Unter Berücksichtigung der Einsparungen durch Sanierungen und des steigenden Flächenbedarfes ergibt sich für das Jahr 2050 in Summe ein um 29% reduzierter Bedarf an Heizenergie. Statt 64,2 TWh/a müssen deshalb nur noch 45,6 TWh/a eingesetzt werden.

Zur Deckung dieses Wärmebedarfs stehen klimaneutrale 4,0 TWh/a aus Biomüll, Biogas und Fernwärme zur Verfügung. Das ebenfalls klimaneutrale in dezentralen Heizungen genutzte Energieholz mit einem Energiegehalt von 7,4 TWh/a ist sowohl wegen der damit einhergehenden Feinstaubbelastung als auch aus Energieeffizienzgründen nicht optimal eingesetzt. Es soll deshalb stattdessen für die Erzeugung von Prozesswärme genutzt werden. Selbstverständlich können im Jahr 2050 auch keine fossilen Brennstoffe genutzt werden. Der verbleibenden Energiebedarf von 41,6 TWh/a muss deshalb mit anderen klimaneutralen Technologien erzeugt werden.

Ersatztechnologie

Als Ersatztechnologie kommen grundsätzlich Wärmepumpen oder Sonnenkollektoren in Frage. Sonnenkollektoren haben den Nachteil im Winter kaum Wärme zu liefern. Ihr Einsatz zu Heizzwecken erfordert deshalb aufwändige saisonale Wärmespeicher welche sich in bestehenden Gebäuden kaum installieren lassen. Dies ist bei Wärmepumpen nicht der Fall. Zudem beziehen Wärmepumpen einen grossen Teil ihrer Wärmeproduktion aus der Umgebung und haben dadurch einen reduzierten Stromverbrauch, Deshalb wird im Folgenden von Wärmepumpen als Ersatztechnologie ausgegangen.

Bereits heute sind über 60% aller neu installierten Heizungen in der Schweiz Wärmepumpen. Rund 70% der installierten Wärmepumpen sind Luft-Wasser-Wärmepumpen, rund 30% Erdsonden-Wärmepumpen (HEV-Schweiz).

Für die realistische Bestimmung des Stromverbrauchs der Wärmepumpen können die im Auftrag von EnergieSchweiz durchgeführte Feldmessungen herangezogen werden. Die neuesten Zahlen finden sich im Bericht zur Heizsaison 2020/21.

Bei den Luft-Wasser-Wärmepumpen ist ein durchschnittlicher Wärmenutzungsgrad (WNG) für die Raumheizung von 3,0 gemessen worden. Dies bedeutet, dass sie mit 1,0 kWh Strom 3,0 kWh Wärme produzieren. Erdsonden-Wärmepumpen überbieten diese Werte mit einem durchschnittlichen Wärmenutzungsgrad von 4,5. Bei einem Verhältnis von Luft-Wasser-Wärmepumpen zu Erdsonden-Wärmepumpen von 70% zu 30% ergibt sich ein durchschnittlicher Wärmenutzungsgrad von 3,5 über alle Wärmepumpen.

Der Strombedarf für Raumheizung sinkt dank dem Einsatz von Wärmepumpen von 41,6 TWh/a thermisch auf 11,9 TWh/a elektrisch. Im Gegenzug werden der Umwelt 29,7 TWh/a Wärme entzogen, womit die Energiebilanz ausgeglichen bleibt. In den genannten Zahlen ist der Ersatz der zukünftig verbotenen Widerstandelektroheizungen bereits enthalten. Der Strommehrbedarf von 11,9 TWh/a fällt vollumfänglich im Winterhalbjahr an.

Mehrkosten

Ein Teil der Sanierungskosten der Altbauten kann durch Einsparungen bei der Heizenergie gedeckt werden. Für die Abschätzung der darüber hinausgehenden Mehrkosten können die staatlichen Förderbeiträge herangezogen werden. So fördert z.B. der Kanton Bern die oben genannten Altbausanierungen mit Beiträgen pro m2 EBF von 110 CHF/m2 für Einfamilienhäuser, 80 CHF/m2 für Mehrfamilienhäuser und 60 CHF/m2 für Nicht-Wohnbauten. Der über alle Gebäudetypen gemittelte Förderbeitrag beträgt 77 CHF/m2. Der Förderbeitrag für die Sanierung aller Altbauten beläuft sich auf 32 Mia. CHF. Wenn die Förderbeiträge richtig bemessen wurden, entspricht dieser Betrag auch den Mehrkosten der energetischen Sanierungen.

Für die Abschätzung der Mehrkosten der Wärmepumpen wird von der Elektrizitätsstatistik 2019 ausgegangen. Gemäss Tabelle A-4 verfügten die schweizerischen 327’000 Wärmepumpen über eine durchschnittliche Heizleistung von rund 15 kW und eine Wärmeproduktion von 22 MWh/a. Ihr Stromverbrauch belief sich auf 6,6 MWh/a pro Heizung resp. 2,2 TWh/a für alle 327’000 Heizungen zusammen. Umgerechnet auf den oben ausgewiesenen Stromverbrauch der Wärmepumpen von 11,9 TWh/a müssen somit 2,0 Mio. abzüglich der bestehenden 0,3 Mio. Heizungen ersetzt werden.

Die Kenndaten der zu ersetzenden Heizungstypen und der vorgesehenen Ersatztechnologien sind ausgehend von einem Wärmebedarf von 20 MWh/a pro Heizung in Tabelle 1 zusammengestellt.

Tabelle 1: Zusammenstellung der Kenndaten der zu ersetzenden Heizungstypen und der vorgesehenen Ersatztechnologien ausgehend von einem Wärmebedarf von 20 MWh/a pro Heizung (Datenquellen: Anschaffungskosten, Wartung und Heizkosten vgl. https://www.energieheld.ch/heizung/kosten, Amortisation, 1,6% Zins, 20 Jahre, Aufteilung vgl. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/bau-wohnungswesen/gebaeude/energiebereich.html und https://www.hev-schweiz.ch/news/detail/News/funktion-und-kennzahlen-von-waermepumpen/).

Heizungstyp


Anschaffungs-
kosten
[CHF]
Amorti-
sation
[CHF/a]
Wartung

[CHF/a]
Jahres-
kosten
[CHF/a]
Aufteilung

[%]
Zu ersetzen20’1601’1865451’731100
Ölheizung22’0001’2946501’94452
Gasheizung19’0001’1186501’76823
Stückholzheizung29’0001’7063502’05615
Elektroheizung00505010
Ersatztechnologie31’5001’8532502’103100
Wärmepumpe S/W42’0002’4712502’72130
Wärmepumpe L/W27’0001’5882501’83870
Differenz11’340667-2953720

Weil Widerstandelektroheizungen verboten wurden, werden für deren Ersatz keine Anschaffungskosten angesetzt. Die Investitionskosten für die Anschaffungskosten aller zu ersetzenden Heizungen belaufen sich gemäss Tabelle 1 im Durchschnitt auf 20’160 CHF pro Heizung.

Wie oben erwähnt sollen sie durch Wärmepumpen ersetzt werden, welche höhere Anschaffungskosten aufweisen.  Die Investitionskosten für eine Wärmepumpenheizung betragen 31’500 CHF. Daraus ergeben sich Mehrkosten von 11’340 CHF pro Heizung.

Bei 1,7 Mio. Heizungen ergeben sich somit Mehrinvestitionen von 19,3 Mia. CHF. Die zusätzlichen Kapital- und Wartungskosten belaufen sich auf 372 CHF/a pro Heizung oder insgesamt 0,6 Mia. CHF/a. Hinzu kommen die oben hergeleiteten Mehrkosten der energetischen Sanierung der Altbauten von 32,0 Mia. CHF. Bei einem Realzins von 1.6% und einer Nutzungsdauer von 45 Jahren ergeben sich daraus jährliche Kosten von 1,0 Mia. CHF/a.

2 Kommentare zu «Raum­­heizung»

  1. 1. Auch Elektroheizungen müssen ersetzt werden. Die haben keine unendliche Lebensdauer, das gibt es in der Technik nicht. Mindestens ein Anteil (z.B. 50% in 20 Jahren) gilt es einzusetzen.

    2. Bei Ihren Zahlen in der Tabelle fehlen die Energiekosten:
    20 MWh/a Strom für Elektroheizung a 250 Fr./MWh = Fr. 5’000.–/Jahr
    Bei der Wärmepumpe mit einem Wärmenutzungsgrad von 3.5:
    20/3.5= 5.8 MWh/a oder Fr. 1’450.–/Jahr.
    Also Strom-Ersparnisse von Fr. 3’550.–/a oder insgesamt 6.90 Mia. CHF/a
    Netto sind es Einsparungen von 6.3 Mia CHF/a

    1. Zu 1: Ich zitiere meinen eigenen Text des vorliegenden Beitrags: «Durch den Ersatz der Widerstandelektroheizungen ergibt sich eine Reduktion des Stromverbrauch von -3,3 TWh/a, womit sich insgesamt ein Strommehrverbrauch von 11,5 TWh/a ergibt. Dieser Strommehrbedarf fällt vollumfänglich im Winterhalbjahr an.»

      Zu 2: Die Stromkosten kommen bei der Diskussion der verschiedenen Produktionsvarianten (siehe https://georgschwarz.ch/produktionsmix/) ins Spiel.

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