Kritik an den Energieperspektiven EP2050+

Abbildung 1: Titelbild Energieperspektiven 2050+ (Bildquelle).

Die EP2050+ kommen zum Schluss, dass die Reduktion der Treibhausgasemissionen auf netto null bis 2050 mit heute bekannten Technologien möglich ist. Diese Schlussfolgerung ist umstritten und wird auch von wissenschaftlicher Seite kritisiert. Im Folgenden ist die Kritik an den wesentlichen Annahmen der EP2050+ zum zukünftigen Energieverbrauch und zur Energieerzeugung zusammengestellt.

In den EP2050+ werden vier verschiedene Zielszenarien mit unterschiedlichen Technologiepfaden zur Erreichung des Netto-Null-Ziels im Jahr 2050 untersucht werden. Neben dem Basisszenario ZERO Basis wurden noch drei weitere Szenarien unterscheiden ZERO Basis bildet dabei den grundlegenden Technologiepfad. Bei der davon abgeleitete Variante ZERO A erfolgt eine stärkere Elektrifizierung, in ZERO B werden mehr synthetische Gase eingesetzt und in ZERO C erhalten strombasierte flüssige Energieträger und Wärmenetze ein stärkeres Gewicht als in der Basisvariante. Die drei abgeleiteten Varianten unterscheiden sich somit bezüglich der Energieträger mit welchen die fossilen Energieträger ersetzt werden, jedoch nicht bezüglich des zukünftigen Energiebedarfs.

Zudem unterscheidet sich der hauptsächlich interessierende Stromverbrauch in der Basisvariante und den abgeleiteten drei Varianten nur unwesentlich, weshalb im Folgenden nur das Szenario ZERO Basis betrachtet wird.

Die für die Ausarbeitung der EP2050+ verwendete Methodik ist sehr detailliert und entsprechend kompliziert. Im 461-seitigen technischen Bericht sind die vielen Annahmen zur zukünftigen Entwicklung des Nutzungsverhaltens, des Technologieeinsatzes und der Energieeffizienz sowie Verweise auf interne Modelle der Berichtsautoren beschrieben.

Aufgrund der hohen Komplexität der zugrundeliegenden Modelle wäre eine eins-zu-eins Überprüfung der Szenarien der EP2050+ nur mit einem sehr grossen Aufwand möglich. Statt einer eins-zu-eins Überprüfung wurden deshalb lediglich die zentralen der Schlussfolgerungen des Basisszenarios einer Plausibilitätsprüfung unterzogen.

Energieverbrauch

Um die fossilen Energieträger zu ersetzen sehen die EP2050+)vor, das Energiesystem weitgehend zu elektrifizieren und vermehrt Biomasse und strombasierte Treibstoffe einzusetzen. In Tabelle 2 und Tabelle 1 sind die Angaben zu Energieträgern und Verwendungszweck für die Jahre 2019 und 2050 zusammengestellt.

Tabelle 1: Energieverbrauch im Jahr 2019. Alle Angaben in TWh/a (Quelle: https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/politik/energieperspektiven-2050-plus.exturl.html/aHR0cHM6Ly9wdWJkYi5iZmUuYWRtaW4uY2gvZGUvcHVibGljYX/Rpb24vZG93bmxvYWQvMTA0MzQ=.html).

Verwendungs-
zweck
FossilBio-
masse
HolzBio-
müll
Bio-
gas
Bio-
diesel
Umw.-
wärme
StromFern-
wärme
PtXTotal
Energieumwandlung7.40.00.00.00.00.00.08.40.60.016.4
Geowärmewerke0.00.00.00.00.00.00.00.00.00.00.0
Negativemissionen0.00.00.00.00.00.00.00.00.00.00.0
Umwandlung5.70.00.00.00.00.00.00.00.00.05.7
Verluste1.70.00.00.00.00.00.08.40.60.010.7
Wärmeerzeugung63.712.610.61.60.40.05.412.85.90.0100.5
Raumheizung43.57.77.40.10.30.04.25.23.60.064.2
Warmwasser7.00.70.60.00.10.01.02.80.70.012.3
Prozesswärme13.24.22.61.50.10.00.24.81.60.023.9
Mobilität82.12.20.00.00.02.20.03.00.00.087.3
Individualverkehr46.11.70.00.00.01.70.00.10.00.047.9
Schwerverkehr13.40.50.00.00.00.50.00.30.00.014.2
Schienenverkehr0.00.00.00.00.00.00.02.70.00.02.7
Flugverkehr22.50.00.00.00.00.00.00.00.00.022.5
Übrige1.90.40.20.00.10.00.041.30.30.043.9
Beleuchtung0.00.00.00.00.00.00.07.10.00.07.1
Klima und Haustechnik0.00.00.00.00.00.00.08.10.00.08.1
I&K, Unterhaltung0.00.00.00.00.00.00.03.90.00.03.9
Antriebe1.30.30.20.00.10.00.017.70.00.019.4
Sonstige0.60.00.00.00.00.00.04.50.30.05.4
Bruttoverbrauch 2019155.115.110.81.60.52.25.565.66.80.0248.0
Endbrauch 2019147.715.110.81.60.52.25.557.26.20.0231.7

Tabelle 2: Energieverbrauch gemäss Szenario ZERO Basis der EP2050+ im Jahr 2050. Alle Angaben in TWh/a (Quelle: https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/politik/energieperspektiven-2050-plus.exturl.html/aHR0cHM6Ly9wdWJkYi5iZmUuYWRtaW4uY2gvZGUvcHVibGljYX/Rpb24vZG93bmxvYWQvMTA0MzQ=.html=).

Verwendungs-
zweck
FossilBio-
masse
HolzBio-
müll
Bio-
gas
Bio-
diesel
Umw.-
wärme
StromFern-
wärme
PtXTotal
Energieumwandlung5.00.40.90.00.0-0.69.621.2-5.8-1.928.5
Geowärmewerke0.00.00.00.00.00.09.62.7-9.60.02.7
Negativemissionen0.00.00.00.00.00.00.01.82.60.04.3
Umwandlung5.00.40.90.00.0-0.60.02.90.0-1.96.5
Verluste0.00.00.00.00.00.00.013.81.20.015.0
Wärmeerzeugung4.216.56.11.98.60.027.714.511.00.073.9
Raumheizung1.36.83.00.03.80.021.87.27.90.045.0
Warmwasser0.21.20.50.00.70.05.41.91.90.010.6
Prozesswärme2.88.52.61.94.10.00.55.31.20.018.2
Mobilität0.04.50.00.02.52.10.016.90.031.953.4
Individualverkehr0.02.60.00.01.51.10.012.10.07.922.5
Schwerverkehr0.02.00.00.01.01.00.01.80.06.810.6
Schienenverkehr0.00.00.00.00.00.00.03.00.00.03.0
Flugverkehr0.00.00.00.00.00.00.00.00.017.317.3
Übrige0.31.70.70.01.00.00.131.90.50.034.4
Beleuchtung0.00.00.00.00.00.00.02.90.00.02.9
Klima & Haustechnik0.00.00.00.00.00.00.07.30.00.07.3
Informatik & Kommunikation0.00.00.00.00.00.00.03.70.00.03.7
Antriebe0.21.30.70.00.70.00.112.60.10.014.3
Sonstige0.10.40.00.00.30.00.05.40.30.06.2
Bruttoverbrauch 20509.623.17.71.912.11.537.384.55.730.1190.2
Endverbrauch 20504.522.86.81.912.12.127.863.211.531.9161.7

Durch die Umstellung des Energiesystems sinkt der Bruttoverbrauch an fossilen Energieträgern auf 9,6 TWh/a. Davon entfallen 5,0TWh/a auf die Kunststoffherstellung und 4,6 TWh/a auf energetische Nutzungen insbesondere von Müll welche mittels Negativemissionen kompensiert werden müssen.

Trotz des offensichtlich vorhandenen Effizienzsteigerungspotenzials ist die für die weitgehende Elektrifizierung notwendige Erhöhung des Stromverbrauches von 29% erstaunlich gering. Dies insbesondere weil in den EP2050+ von einem deutlichen Wachstum der schweizerischen Bevölkerung und Wirtschaft ausgegangen wird.

Im Folgenden wird deshalb auf die in den EP2050+ getroffenen Annahmen zur Entwicklung des Energieverbrauchs näher eingegangen. Dabei können vier Bereiche unterschieden werden: Energieumwandlung, Wärmeerzeugung, Mobilität und übrige Verwendungszwecke.

Energieumwandlung

Ein gewisser Teil des Bruttoenergie geht innerhalb der Energiewirtschaft aufgrund von Energieumwandlungs- und Übertragungsprozessen verloren.

  • Grosswärmepumpen: Die Nutzung von Erd- und Umgebungswärme mittels Grosswärmepumpen liefert Fernwärme im Umfang von 9,6 TWh/a. Der Stromverbrauch der Wärmepumpen beläuft sich auf 2,7 TWh/a. Daraus ergibt sich ein für Fernwärmenetze unrealistisch hoher Wärmenutzungsgrad von 3,6.
  • Negativemissionen: Die EP2050+ sehen vor 7,0 Mt CO2 in der Schweiz zu abzuscheiden und sehen dafür einen Stromverbrauch von lediglich 1,8 TWh/a und einen Wärmeverbrauch von 2,6 TWh/a vor. Das sind unrealistisch tiefe Werte. Der Stromverbrauch wird um 0,3 TWh/a und der Wärmeverbrauch um 1,4 TWh/a unterschätzt. Weitere 4,7 Mt CO2 sollen im Ausland mit dem Direct Air Capture Verfahren abgeschieden werden. Der dafür benötigte Strom von 8,5 TWh/a wird in den EP2050+ nicht ausgewiesen.
  • Sonstige Umwandlungen: Neben der nichtenergetischen Nutzung von 5,0 TWh/a Erdölprodukten für die Kunststoffherstellung sind unter dieser Position die Herstellung von Biotreibstoff aus Holz und die inländische Wasserstoffproduktion zusammengefasst. Die entsprechenden Angaben sind plausibel.
  • Verluste: Die Übertragungsverluste von Strom resp. Fernwärme werden mit 7,5% resp. 9,0% des Bruttoverbrauches angesetzt und nehmen wegen des steigenden Verbrauchs entsprechend zu. Aufgrund des zunehmenden Anteils volatiler Stromquellen wird zum Ausgleich der Produktionsschwankungen zudem mehr Pumpspeicherkapazität benötigt. Der Stromverbrauch der Speicherpumpen steigt von 4,2 TWh/a auf 8,5 TWh/a.

Die Annahmen im Bereich der Energieumwandlung sind mit Ausnahme des für die Negativemissionen benötigen Energieaufwandes plausibel. Letztere unterschätzen den Verbrauch an Strom um 0,3 TWh/a und Fernwärme um 1,4 TWh/a. Zudem wird die Abscheidung von 4,7 Mt CO2 ins Ausland verlagert.

Wärmeerzeugung

Die Wärmeerzeugung umfasst die Verwendungszwecke Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme in denen insgesamt 59,5 TWh/a an fossilen Energieträgern zu ersetzen sind. Bis ins Jahr 2050 sinkt der Wärmebedarf von 100,5 TWh/a auf 73,9 TWh/a

Die Differenz von -26,5 TWh/a soll durch Effizienzsteigerungen beim Wärmeverbrauch wie folgt eingespart werden:

  • Raumwärme: Die Bevölkerung nimmt bis 2050 um 19% zu. Trotzdem sinkt der Wärmeverbrauch um 30%. Daraus ergibt sich eine Abnahme des Wärmeverbrauchs pro Quadratmeter EBF um 40%. Diese Abnahme basiert auf einer Verbesserung der Wärmedämmung und nicht etwa auf dem Ersatz der fossilen Heizungen durch Wärmepumpen, da letztere den Wärmebedarf nicht senken sondern lediglich Strom zur Nutzung von Umweltwärme einsetzen. Der jährliche durchschnittliche Wärmebedarf pro Quadratmeter EBF belief sich im Jahr 2019 auf 83 kWh/m2. Mit der 40%-Reduktion gehen die die EP2050+ für das Jahr 2050 von lediglich 50 kWh/m2 EBF aus. Das ist ein Wert der bei der Sanierung eines Altbaus durchaus erreichbar ist. Aber anzunehmen dass dieser Wert im Durchschnitt aller Gebäude und ohne massive Zwangsmassnahmen erreicht wird, ist mehr als optimistisch.
  • Warmwasser: Trotz dem Bevölkerungswachstum von 19% sinkt der Wärmeverbrauch für die Warmwasseraufarbeitung um 14%. Dies entspricht einer Abnahme des Wärmeverbrauchs pro Person um 27%. Wie im Fall der Raumwärme ist diese Abnahme nicht auf den Einsatz von Wärmepumpen zurückzuführen. Gemäss EP2050+ ist die Effizienzsteigerung insbesondere auf eine Reduktion des Warmwasserverbrauchs aufgrund des Einsatzes von wassersparenden Armaturen und dezentralen Wassersystemen von 50 Liter pro Person und Tag auf 37 Liter pro Person und Tag zurückzuführen. Eine solche Reduktion ist ohne Komforteinbussen nicht umsetzbar und deshalb wenig realistisch.
  • Prozesswärme: Für die Prozesswärmeerzeugung wird in den EP2050+ von einer auf die Bruttowertschöpfung bezogene Reduktion des Wärmeverbrauches von 45% ausgegangen. Das technisch realisierbare Einsparungspotenzial beläuft sich gemäss Abbildung 40 des technischen Berichtes auf maximal 10%. Die darüber hinausgehende Reduktion ist auf die, durch die hohen Energiepreise verursachte, Abwanderung energieintensiver Betriebe ins Ausland zurückzuführen. Ohne diese Abwanderung wäre der Biogasverbrauch 7,5 TWh/a höher.

Wie bereits erwähnt senken Wärmepumpen den Wärmebedarf nicht sondern heben mithilfe von Strom Umweltwärme auf ein höheres Temperaturniveau und machen sie so zu Heizzwecken nutzbar. Der Beitrag der Wärmepumpen zum Verbrauch bei der Raumwärme beläuft sich auf 65%, beim Warmwasser sind es 70% und bei der Prozesswärme sind es 4%. Diese Beiträge sind plausibel und realisierbar. Weil im Zuge der Umstellung die bestehenden energiehungrigen Elektroheizungen und Elektroboiler ersetzt werden, steigt der Stromverbrauch um lediglich 1,6 TWh/a.

Der Beitrag von Biogas steigt hingegen und beläuft sich 2050 auf 8,6 TWh/a welche vollumfänglich aus dem Ausland importiert werden müssen.

Mobilität

Der Energieverbrauch im Mobilitätsbereich sinkt bis 2050 um 39% auf 53,4 TWh/a. Die Differenz von insgesamt 33,5 TWh/a soll durch Effizienzsteigerungen wie folgt eingespart werden:

  • Individualverkehr: Die Verkehrsleistung nimmt bis 2050 um 14% zu. Dies ist weit weniger als die Bevölkerungszunahme von 19%. Eine solch unterproportionales Wachstum ist ohne Komforteinbussen nicht umsetzbar und deshalb wenig realistisch. Der Energieverbrauch sinkt um 53% resp. 25,3 TWh/a. Daraus ergibt sich eine Abnahme des Energieverbrauchs pro Fahrkilometer um 59%. Der Anteil des Stromes am Energieverbrauch des Jahres 2050 beläuft sich auf 54%. Der mit diesem hohen Elektrifizierungsanteil einhergehende Effizienzgewinn von 73% ist die Hauptursache für die Abnahme des Energieverbrauches und liegt in einem plausiblen Bereich.
  • Schwerverkehr: Der Energieverbrauch nimmt um 25% ab obwohl die Fahrleistung im Schwerverkehr bis 2050 um 26% zunimmt. Dies entspricht einer Abnahme des Energieverbrauchs pro Fahrkilometer um 41%. Mit einem Stromanteil von 17% ist der Elektrifizierungsgrad beim Schwerverkehr deutlich niedriger als im Individualverehr. Insgesamt scheinen die Annahmen zu den Effizienzgewinnen als plausibel.
  • Schienenverkehr: Beim Schienenverkehr wird von einem Mehrverkehr von 24% und einem Effizienzgewinn von 10% ausgegangen. Beides scheint plausibel.
  • Flugverkehr: Der internationale Flugverkehr wird im technischen Bericht der EP2050+ zwar diskutiert, der zugehörige Energieverbrauch wird aber in den Statistiken nicht ausgewiesen. Gemäss dieser Ausführungen nimmt der Treibstoffverbrauch im internationale Flugverkehr bei einer Verkehrszunahme von 51% um 21% ab. Der dabei unterstellte Effizienzgewinn von 48% pro Flugkilometer ist unplausibel hoch. Der für den nationalen Flugverkehr benötigte strombasierte Treibstoff im Umfang von 0,8 TWh/a wurde berücksichtigt. Der Anteil des internationalen Flugverkehrs von 16,4 TWh/a fehlt hingegen.

Die Annahmen zur Fahrleistung im Individualverkehr sind zu niedrig, diejenigen zu den Effizienzgewinnen beim Flugverkehr zu hoch. Zudem wird der Treibstoffbedarf des internationalen Flugverkehrs in den Statistiken zum Energieverbrauch nicht ausgewiesen.

Die übrigen Annahmen bezüglich Elektrifizierungsgrad und Effizienzgewinnen im Mobilitätsbereich sind plausibel.

Neben der Elektrifizierung wird im Mobilitätsbereich stark auf alternative Treibstoffe gesetzt. Neben dem 2,5 TWh/a Biogas und 2,1 TWh/a Biodiesel sind dies insbesondere strombasierte Treibstoffe im Umfang von 31,9 TWh/a. Davon entfallen 14,7 TWh/a auf den Strassenverkehr und 17,3 TWh/a auf den Flugverkehr der vollständig mit importiertem Treibstoff betrieben werden soll.

Weitere Verwendungszwecke

Die weiteren Verwendungszwecke beinhalten die Stromanwendungen (Beleuchtung, Klima/Lüftung & Haustechnik, Informatik & Kommunikation) welche zu 100% strombasiert sind, sowie die Antriebe & Prozesse und Sonstiges welche zusammen einen zu ersetzenden Anteil von 1,6 TWh/a an fossilen Energieträgern aufweisen. Die EP2050+ sehen vor, dass diese fossilen Energieträger durch Biomasse ersetzt werden. Zudem werden beim Stromverbrauch erhebliche Einsparungen geltend gemacht:

  • Stromanwendungen: Trotz einem Wachstum der Bevölkerung um 19% sinkt der Stromverbrauch für Beleuchtung, Klima & Haustechnik und Informatik & Kommunikation um 27%. Dies entspricht einer Effizienzsteigerung um 39% und ist insgesamt plausibel.
  • Antriebe & Prozesse: Die für den Verwendungszweck Antriebe und Prozesse ausgewiesene Stromeinsparung liegt unter Berücksichtigung des Bevölkerungswachstums bei 40%. Dies ist deutlich mehr als das im bundesrätlichen Bericht zu den Massnahmen zur Steigerung der Stromeffizienz ausgewiesene Potenzial von 27%. Die darüber hinausgehende Reduktion ist auf die, durch die hohen Energiepreise verursachte, Abwanderung energieintensiver Betriebe ins Ausland zurückzuführen. Ohne diese Abwanderung wäre der Stromverbrauch 4,7 TWh/a höher.
  • Sonstiges: Der Stromverbrauch beim Sonstigen steigt in etwa parallel zur Bevölkerungszunahme was plausibel ist.

Insgesamt wird in den EP2050+ bei den weiteren Verwendungszwecken von einem Rückgang des Stromverbrauches von 9,4 TWh/a ausgegangen. Gemäss der in der Analyse zuhanden des Bundesrates ausgewiesenen Potenzial der Massnahmen zur Steigerung der Stromeffizienz kann eine solche Reduktion, selbst wenn bis 2050 sämtliche Geräte und Ausrüstungen bei den weiteren Verwendungszwecken ersetzt würden, nicht erzielt werden. Die Annahmen der EP2050+ sind deshalb im vorliegenden Bereich nicht plausibel.

Energieproduktion

In den EP2050+ ist vorgesehen, dass der sich aus dem Ersatz der fossilen Energieträger ergebende Mehrbedarf sowie der Zusatzbedarf wegen dem Wegfall der Kernenergie weitgehend mit Gebäudephotovoltaik, sowie mit etwas Windenergie und Geothermie gedeckt wird. In Tabelle 3 und Tabelle 4 sind die Kenndaten der Energieproduktion der Jahre 2019 und 2050 zusammengestellt.

Tabelle 3: Energieproduktion im Jahr 2019. Alle Angaben in TWh/a (Quelle: https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/politik/energieperspektiven-2050-plus.exturl.html/aHR0cHM6Ly9wdWJkYi5iZmUuYWRtaW4uY2gvZGUvcHVibGljYX/Rpb24vZG93bmxvYWQvMTA0MzQ=.html=).

Verwendungs-
zweck
FossilBio-
masse
HolzBio-
müll
Bio-
gas
Bio-
diesel
Umw.-
wärme
StromFern-
wärme
PtXTotal
Energieproduktion8.310.42.36.91.20.00.0-71.9-6.50.0-59.8
Kernkraftwerke0.00.00.00.00.00.00.0-25.3-0.40.0-25.7
Wärmekraftwerke8.310.42.36.91.20.00.0-3.7-6.20.08.8
Restwasser0.00.00.00.00.00.00.00.00.00.00.0
Erneuerbare0.00.00.00.00.00.00.0-42.90.00.0-42.9
Wasserkraftwerke0.00.00.00.00.00.00.0-40.60.00.0-40.6
Photovoltaik0.00.00.00.00.00.00.0-2.20.00.0-2.2
Windenergie0.00.00.00.00.00.00.0-0.10.00.0-0.1
Geokraftwerke0.00.00.00.00.00.00.00.00.00.00.0
Bruttoverbrauch155.115.110.81.60.52.25.565.66.80.0248.0
Total 2019163.325.513.28.41.72.25.5-6.30.20.0188.3

Tabelle 4: Energieproduktion gemäss Szenario ZERO Basis der EP2050+ im Jahr 2050. Alle Angaben in TWh/a (Quelle: https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/politik/energieperspektiven-2050-plus.exturl.html/aHR0cHM6Ly9wdWJkYi5iZmUuYWRtaW4uY2gvZGUvcHVibGljYX/Rpb24vZG93bmxvYWQvMTA0MzQ=.html=).

Verwendungs-
zweck
FossilBio-
masse
HolzBio-
müll
Bio-
gas
Bio-
diesel
Umw.-
wärme
StromFern-
wärme
PtXTotal
Energieproduktion7.512.63.14.84.70.02.0-84.8-5.50.0-68.1
Kernkraftwerke0.00.00.00.00.00.00.00.00.00.00.0
Wärmekraftwerke7.512.63.14.84.70.00.0-3.1-5.50.011.6
Restwasser0.00.00.00.00.00.00.00.00.00.00.0
Erneuerbare0.00.00.00.00.00.02.0-81.70.00.0-79.7
Wasserkraftwerke0.00.00.00.00.00.00.0-44.70.00.0-44.7
Photovoltaik0.00.00.00.00.00.00.0-30.70.00.0-30.7
Windenergie0.00.00.00.00.00.00.0-4.30.00.0-4.3
Geokraftwerke0.00.00.00.00.00.02.0-2.00.00.00.0
Bruttoverbrauch9.623.17.71.912.11.537.384.55.730.1190.2
Total 205017.135.810.86.716.81.539.3-0.40.230.1122.1

Der bei vorgesehenen Produktionsmix im Winter fehlende Strom von 8,9 TWh/a wird, so die Annahme, von der europäischen Windkraft geliefert. Zudem sollen grosse Importe von Biogas und strombasierten Treibstoffen helfen, den Stromverbrauch im Winter nicht allzu stark ansteigen zu lassen. Auf die Details des in den EP2050+ vorgesehenen Energieproduktion wird in den Abschnitten Biomasse, Strom und strombasierte Treibstoffe näher eingegangen.

Biomasse

Der Einsatz von Biomasse zur Energieproduktion steigt bis 2050 um 11,1 TWh/a auf 36,6 TWh/a. Dieser Mehrverbrauch verteilt sich wie folgt auf die einzelnen biogenen Energieträger:

  • Holz: Der Holzverbrauch sinkt von 13,2 TWh/a auf 10,8 TWh/a. Das in der Schweiz verfügbare nachhaltig nutzbare Potenzial von 13,9 TWh/a wird damit nicht ausgeschöpft.
  • Biomüll: Die Menge des in Kehrichtverbrennungs- und Industrieanlagen genutzten Biomülls sinkt von 8,4 TWh/a auf 6,7 TWh/a. Der Grund für den Rückgang liegt bei der verbesserten Trennung von Grüngut das zur Biogasproduktion verwendet werden kann.
  • Biogas: Der Biogasverbrauch steigt von 1,7 TWh/a auf 16,8 TWh/a. Davon sollen 2050 4,6 TWh/ain der Schweiz produziert werden. Der Mehrbedarf von 12,2 TWh/a muss durch Importe gedeckt werden.
  • Biotreibstoff: Der Verbrauch von Biotreibstoffen sinkt leicht von 2,2 TWh/a auf 2,1 TWh/a. Davon werden 0,6 TWh/a aus schweizerischem Holz hergestellt. Der Import von Biotreibstoff beläuft sich 2050 auf 1,5 TWh/a.

In der Summe sinkt die einheimische Biomasseproduktion leicht. Der Mehrverbrauch wird insbesondere durch zusätzliche Biogasimporte im Umfang von 11,2 TWh/a gedeckt. Als Lieferländer für das  Biomethan werden im Zusatzmaterial zu den EP2050+ die Ukraine und Russland genannt. Vor dem aktuellen geopolitischen Hintergrund ist es mehr als fraglich ob sich die benötigten Importe realisieren lassen.

Strom

Neben dem Mehrbedarf aufgrund der Elektrifizierung des Energiesystems muss auch die Produktion der wegfallenden Kernkraftwerke durch neue Stromerzeugungsanlagen gedeckt werden. Der zu deckende Bedarf im Jahr 2050 beläuft sich 84,5 TWh/a der wie folgt produziert werden soll:

  • Wärmekraftwerke: Die Stromproduktion der Wärmekraftwerken kann dank Effizienzgewinnen um rund 10% auf 3,1 TWh/a gesteigert werden. Diese Annahme ist grundsätzlich plausibel, es ist jedoch zu beachten, dass in den Wärmekraftwerken ein zusätzlicher Verbrauch von 3,5 TWh/a an grossmehrheitlich importiertem Biogas angenommen wird.
  • Wasserkraftwerke: In den EP2050+ wird von einem plausiblen Ausbaupotenzial von 6,0 TWh/a ausgegangen. Davon entfallen 3,6 TWh/a auf neue Pumpspeicherwerke, Durch die Erhöhung der Restwassermengen gehen 1,9 TWh/a verloren womit eine Produktion von insgesamt 44,7 TWh/a übrigbleibt.
  • Windenergie: Als Produktionskapazität für Windenergie wird auf der Basis von veralteten Potenzialschätzungen lediglich 4,3 TWh/a angenommen.
  • Solarenergie: Die Solarenergie im Umfang von 33,6 TWh/a wird ausschliesslich mit auf Dächern und Fassaden installierten Photovoltaikanlagen erzeugt. Davon sollen 70% mit Batteriespeichern ausgerüstet werden, was hohe Zusatzkosten verursacht.  Um die Netzbelastung zu limitieren wird die Leistung der Photovoltaikanlagen auf 70% der Nennleistung beschränkt. Trotzdem hat der vorgesehene Zubau an Gebäudephotovoltaik hohe Netzausbaukosten zur Folge. Zusammen mit den Wirkungsverlusten der Batteriespeicher reduziert sich Solarproduktion im Sommerhalbjahr um -3,0 TWh/a. Die Winterstromproduktion beläuft sich auf 10,5 TWh/a Winterstrom. Dieser für Gebäudephotovoltaik sehr hohe Anteil von 31% (ohne Berücksichtigung der Produktionsreduktion) entspricht dem Szenario «Anreize  Winterstrom» der Winterstromstudie. Dabei wird angenommen, dass alle Photovoltaikanlagen auf Flachdächern aufgeständert werden, was mit Mehrkosten und einer Reduktion des Produktionspotenzials verbunden ist.
  • Tiefe Geothermie: Die Stromproduktion mittels tiefer Geothermie wird in den EP2050+ mit 2,0 TWh/a angegeben. Angesichts der Tatsache, dass trotz 40-jähriger intensiver Forschung bis heute kein einziges Projekt zur geothermischen Stromerzeugung erfolgreich war, ist die genannte Annahme völlig unrealistisch.
  • Stromimporte: Wegen der von der EU eingeführten sogenannten «70%-Regel» werden die Kapazitäten für den grenzüberschreitenden Stromhandel mit der EU deutlich reduziert. Gemäss einer VSE-Studie können ohne Stromabkommen im Winter höchstens 10,0 TWh/a importiert werden. Diese Limite wird in den EP2050+ mit maximalen Winterimporten von 11,6 TWh im Jahr 2045 nur leicht überschritten.

Die EP2050+ beschränken sich bei der Solarenergie auf die Nutzung der Gebäudephotovoltaik wobei sie deren Winterstrompotenzial bis zum praktisch umsetzbaren Maximum ausnutzen. Trotzdem liefert die Gebäudephotovoltaik im Winter nur wenig Strom. Die Schweiz wird deshalb für die Deckung ihres Winterbedarfes in weit höherem Masse auf Importe angewiesen sein. Ohne Stromabkommen sind die Winterimporte auf 10,0 TWh/a beschränkt.

Doch auch mit einem Stromabkommen sind Winterdefizite von mehr als 10,0 TWh/a problematisch. Mit dem Ausstieg von Deutschland aus der Atom- und Kohleenergie und dem Wegfall russischer Gaslieferungen, wird die Möglichkeit von zukünftigen Stromimporten zunehmend teurer und schwieriger. Es ist höchst fraglich ob unsere Nachbarländer genügend Überkapazitäten aufbauen um die Schweiz damit im Winter zu versorgen. Im Sommer hingegen werden in Zukunft immer grössere Mengen an überschüssigem Strom auf dem Markt sein, sodass sich die schweizerischen Überschüsse kaum sinnvoll nutzen lassen.

Strombasierte Treibstoffe

In den EP2050+ ist vorgesehen insgesamt 31,9 TWh/a an strombasierten Treibstoffen (Power to X, PtX) einzusetzen die sich wie folgt zusammensetzen:

  • Wasserstoff: Insgesamt 4,5 TWh/a an strombasiertem Wasserstoff sollen im Strassenverkehr eingesetzt werden. Davon sollen 1,9 TWh/a in der Schweiz produziert werden, wofür 2,9 TWh/a Strom aufgewendet werden. Die restlichen 2,6 TWh/a Wasserstoff werden importiert.
  • Strassenverkehr-Treibstoffe: Es ist vorgesehen 10,1 TWh/a an flüssigen strombasierten Treibstoffen den Strassenverkehr zu importieren.
  • Flugverkehr-Treibstoffe: Für den Flugverkehr werden 17,3 TWh/a an flüssigen strombasierten Treibstoffen angesetzt welche ebenfalls vollumfänglich importiert werden müssten.

Insgesamt ist vorgesehen 2,6 TWh/a an strombasiertem Wasserstoff und 27,5 TWh/a an strombasierten flüssigen Treibstoffen zu importieren. Für die Produktion dieser Treibstoffe im Ausland müssen rund 70 TWh/a an Strom aufgewendet werden.

Insbesondere bezüglich des Importes von strombasierten flüssigen Treibstoffen stellt sich die Frage ob der Import im vorgesehenen Umfang von 27,5 TWh/a überhaupt realistisch ist. Strombasierte flüssige Treibstoffe sind extrem teuer. Im Strassenverkehr sind Elektrofahrzeuge deutlich günstiger und selbst im Flugverkehr wo man auch in Zukunft auf flüssige Kohlenwasserstoffen als Hauptenergiequelle angewiesen sein wird, steht mit der Weiterverwendung von fossilem Kerosin, welches durch Negativemissionen kompensiert wird, eine deutlich wirtschaftlichere Lösung zur Verfügung.

Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass ausserhalb der Schweiz Produktionskapazitäten zur Erzeugung flüssiger strombasierter Treibstoffe aufgebaut werden. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als fraglich ob sich die gemäss EP2050+ eingeplanten Importe auch realisieren lassen.

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