Wind­ener­gie

Abbildung 1: Windturbine (Bildquelle).

Im Winterhalbjahr, wenn der Stromverbrauch am höchsten ist, produzieren die Windenergieanlagen in der Schweiz zwei Drittel ihres Stroms. Die Windenergie kann somit als Ergänzung zu den Wasserkraftwerken und den Solaranlagen dienen, die den grössten Teil ihres Stroms im Sommer produzieren. Windenergieanlagen produzieren zwar günstiger als alpine Solaranlagen, können jedoch ohne hohe Subventionen ebenfalls nicht wirtschaftlich betrieben werden. Zudem beeinträchtigen sie das Landschaftsbild stark und sind heftig umstritten.

Stromertrag der Windenergie

Heute trägt die Windenergie mit rund 0,3% nur marginal zur schweizerischen Stromproduktion bei. Dieser geringe Nutzungsgrad steht im Widerspruch zu den Vorteilen, welche die Windenergie für die Sicherstellung der Versorgungssicherheit mit sich bringt. Gerade in den Wintermonaten, wenn der Stromverbrauch am höchsten ist und Wasserkraft und Solaranlagen nur wenig Strom produzieren, hat die Windenergie ihr Produktionsmaximum. Schweizerische Windenergieanlagen liefern rund zwei Drittel ihrer Jahresproduktion in den Wintermonaten. Damit ergänzt sie Wasserkraft und Solarenergie in optimaler Weise, da zwei Drittel des Windstroms im Winterhalbjahr anfallen.

Abbildung 2: Jahresproduktion verschiedener Windturbinen. Links in Grautönen die Kenndaten von Windturbinen aus verschiedenen Baujahren im Windpark Mont Crosin. Rechts in Blau, Violet, Orange und Gelb die Kenndaten moderner Windturbinen in verschiedenen Regionen der Schweiz als Säulen (Winterhalbjahr dunkel, Sommerhalbjahr hell). Die Angaben zum den Turbinen des Windparks Mont Crosin wurden aufgrund der Angaben in https://www.juvent.ch/de/windkraftwerk und dem Ertragsrechner von winddata.ch hergeleitet. Die Produktionsangaben der einzelnen Regionen stammen aus Kapitel 2.2.2 der BFE-Studie zu den Investitions- und Planungsbeiträge für Windenergieanlagen. Die Winterproduktionsanteile wurden aus Figure 9 von https://www.aramis.admin.ch/Default?DocumentID=66408&Load=true hergeleitet.

Im linken Teil der Abbildung 2 ist die Jahresproduktion von Windturbinen aus verschiedenen Baujahren im Windpark Mont Crosin dargestellt (graue Säulen). Hier zeigen sich eindrücklich die technische Fortschritte, die im Bereich der Windenergie erzielt wurden. Die im Jahr 2001 installierten Windturbinen des Typs Vestas V52 hatten einen Rotordurchmesser von 52 m, eine Leistung von 850 kW und eine Jahresproduktion von 1,3 GWh/a. Die Generation des Jahres 2010 vom Typ Vestas V90 hatte einen Rotordurchmesser von 90 m, eine Leistung von 2’000 kW und eine Jahresproduktion von 4,2 GWh/a. Die neuesten im Jahr 2016 am Mont Crosin installierten Windturbinen vom Typ Vestas V112 hat einen Rotordurchmesser von 112 m, eine Leistung von 3’000 kW und eine Jahresproduktion von 6,6 GWh/a. Das ist das fünffache der Produktion der Windturbinen des Jahres 2001.

Die Kehrseite dieser rasanten Entwicklung ist abgesehen von der massiven Grössenzunahme der Windturbinen von rund 100 m im Jahr 2001 auf 207 m im Jahr 2016, insbesondere die schnelle technische Veraltung der installierten Anlagen. Im Windpark Mont Crosin wurden aus diesem Grund im Rahmen von sogenannten Repowerings in den Jahren 2013 und 2016 je vier bestehende Windturbinen weit vor dem Ende ihrer technischen Lebensdauer durch leistungsfähigere Modelle der neueren Generation ersetzt.

Auf der rechten Seite von Abbildung 2 sind die Produktionsdaten (farbige Säulen) von Windturbinen der neuesten Generation in verschiedenen Regionen der Schweiz dargestellt (siehe Kapitel 2.2.2 der BFE-Studie zu den Investitions- und Planungsbeiträge für Windenergieanlagen). Für die Regionen Jura, Alpen und Voralpen wurde eine Windturbine des Typs Vestas V126 mit einem Rotordurchmesser von 126 m und  einer Leistung von 3’450 kW angenommen. Damit können im Jura und in den Voralpen 6,6 GWh/a resp. 6,2 GWh/a Strom produziert werden. In den Alpen ist die Produktion mit 4,8 GWh/a deutlich niedriger. Das liegt zum einen an den dort herrschenden geringeren durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten, aber auch an der geringere Luftdichte in der Höhe. Aufgrund der geringeren Luftdichte nimmt der Stromertrag mit zunehmender Höhe ab.

Im Mittelland und in den Föhntälern können wegen den günstigeren topographischen Verhältnissen grössere Windturbinen als in den übrigen Gebieten aufgestellt werden. Mit Windturbinen vom Typ Vestas V150 mit einem Rotordurchmesser von 150 m, und einer Leistung von 4’200 kW können rund 7,6 GWh/a Strom produzieren werden.

Abbildung 3: Mittlere spezifische Monatserträge der Windturbine in Haldenstein (orange), des Windparks Gütsch (violett) und der Gesamtheit aller schweizerischen Windanlagen (grau) während der Jahre 2018 bis 2023 als Säulen. Die Jahresverläufe der Windturbinen in Haldenstein und Gütsch wurden au der Basis der Windmessdaten an den jeweiligen Standorten und dem Ertragsrechner von winddata.ch hergeleitet. Für die Herleitung des Jahresverlaufs der gesamten Schweiz wurde auf die Daten von Energy Charts zurückgegriffen.

Wie aus Abbildung 3 ersichtlich ist, liefert die schweizerische Windenergie die höchsten Erträge im Winterhalbjahr. Die grauen Säulen zeigen die mittlere spezifische monatliche Stromproduktion der schweizerischen Windanlagen in den Jahren 2018 bis 2023. Der Winteranteil beläuft sich auf 64%. In Violet mittlere spezifische monatliche Stromproduktion des Windparks Gütsch stellvertretend für die Alpenregion dargestellt. Auch hier ist die Winterproduktion mit einem Anteil von 59% dominierend, wobei die spezifischen Erträge in den Alpen etwas niedriger als im gesamtschweizerischen Durchschnitt sind. Als Beispiel für Föhntäler ist die Windturbine Calandawind in Haldenstein (Orange) angeführt. Dort ist die Produktion im Frühjahr am höchsten. Trotzdem hat die Windenergie auch in Föhntälern einen im Vergleich zu Gebäudephotovoltaik sehr hohen Winteranteil von 48%.

Ausbaupotenzial der Windenergie

Die Schweiz ist kein eigentliches Windland und verfügt insbesondere über keine windgünstigen Küstengebiete. Die Windverhältnisse sind jedoch mit denjenigen der Nachbarländer, wie z.B. Süddeutschland oder dem Elsass vergleichbar. Zudem sind aufgrund des technischen Fortschritts sowohl die Leistung wie auch die Produktivität der Windturbinen stark angestiegen. Dadurch wurde es möglich auch Standorte mit etwas ungünstigeren Windverhältnissen wirtschaftlich zu nutzen.

Im Jahr 2022 wurde das Windpotenzial der Schweiz neu bestimmt. Als Datengrundlage der Windressourcen wurden die mittleren Windgeschwindigkeiten auf 100 m und 150 m Höhe über Grund aus dem Windatlas 2019 verwendet.

In der aktuellen Berechnung werden für die verschiedenen Regionen unterschiedliche Turbinentypen angenommen, welche an die jeweilige Topografie und Windverhältnisse (Turbulenz, Böen, mittlere Windgeschwindigkeit) angepasst sind. Dabei wurden das Mittelland, der Jura und die Voralpen, sowie die Alpen unterschieden. Für das Mittelland wurde die Enercon E-160, 5.5 MW, auf 150 m Nabenhöhe, für den Jura und die Voralpen die Enercon E-138, 4.2 MW, auf 150 m Nabenhöhe und für die Alpen die Enercon E-92, 2.3 MW, auf 100 m Nabenhöhe in die Potenzialberechnung aufgenommen.

Die Neuberechnung des Windpotenzials auf Basis des Windatlas 2019 wird mit 29.5 TWh/a ein deutlich höheres Potenzial ausgewiesen als in älteren Studien Dies ist auf besseren Kenntnisse der Windverhältnisse, Fortschritte in Turbinentechnologien und geänderte politische Rahmenbedingungen zurückzuführen. Insbesondere in Waldgebieten ist mit 14,8 TWh/a ein hohes Potenzial vorhanden.

Unter der Annahme einer durchschnittlichen Jahresproduktion von 6,0 GWh/a pro Windturbine, werden zur Ausnutzung des ausgewiesenen Ausbaupotenzials von 29,5 TWh/a rund 4’920 Windanlagen benötigt.

Windanlagen produzieren den grösseren Teil ihrer Energiemenge im Winter. Vom Ausbaupotenzial von 29,5 TWh/a entfallen 33% resp. 9,8 TWh/a auf den Sommer und 67% resp. 19,7 TWh/a auf den Winter.

Stromgesetz

Die Entwicklung der Windenergie in der Schweiz stagniert seit über zehn Jahren und die Projekte haben mit komplexen Planungs- und Gerichtsverfahren zu kämpfen. Von den Projekten, für die ein Baubewilligungsverfahren aufgenommen wurde, sind zurzeit fast 4 von 5 MW bei den Rechtsinstanzen blockiert. So konnte beispielsweise in den Jahren 2017 bis und mit 2019 in der Schweiz keine einzige neue Windanlage in Betrieb genommen werden.

Aufgrund der Klimaschutz und Energiestrategie 2050 muss die Schweiz ihr Energiesystem elektrifizieren und die erneuerbaren Energien massiv ausbauen. Dies kann insbesondere in den Wintermonaten, wenn der Verbrauch hoch und die Produktion der Solarenergie niedrig ist, zu Engpässen führen. Verschärfend auf die Versorgungssicherheit wirken sich zudem der gleichzeitig stattfindende Umbau der Stromversorgung in Europa und internationale Konflikte.

Um die Versorgung sicherzustellen, muss mehr Strom im Inland produziert werden. Das Parlament hat deshalb das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien verabschiedet, welches vom Stimmvolk am 9. Juni 2024 mit 68,7 Prozent Ja-Stimmen angenommen.

Das neue Gesetz schafft die Grundlage, um in der Schweiz rasch mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wasser, Sonne oder Wind. zu produzieren. Dazu werden im Stromgesetz Ausbauziele für die Wasserkraft, die neuen erneuerbaren Energien sowie für die Sicherstellung der Winterstromversorgung festgesetzt. Konkret sollen für die Sicherstellung der Winterstromversorgung grosse Windkraft- und alpine Solaranlagen mit einer Winterproduktion von 4 TWh/a erstellt werden. Zum jeweiligen Anteil von Wind- resp. Alpenstrom macht das Stromgesetz keine Vorgaben. Ohne Windkraft ist die Zielerreichung von 4 TWh/a jedoch kaum möglich.

Da der Ausbau der Windenergie wie einleitend erwähnt, wegen den langen Bewilligungsverfahren und Einsprachen stagniert, sind werden mit dem neuen Gesetz die bestehenden Natur- und Umweltschutzbestimmungen in verschiedenen Bereichen gelockert und Planungserleichterungen für neue Wasser-, Wind- und grosse Solarkraftwerke eingeführt. Neu gelten grosse Wind- und Solaranlagen, als Anlagen von nationalem Interesse. Gegen solche Projekte, die in besonders geeigneten Gebieten errichtet werden, bestehen weniger Einsprachemöglichkeiten als bisher. Zudem werden die Planungsverfahren vereinfacht und damit beschleunigt.

Die bereits heute geltende äusserst grosszügige Subventionierung für Solarparks, Wasserkraftwerke, Biomasse- und Windenergieanlagen mit bis zu 60% der anrechenbaren Investitionskosten wird bis 2035 verlängert. Neu soll es auch für die Projektierung solcher Anlagen bis zu 40% Subventionen geben. Zudem können Projektanten die Subventionen statt in Form eines Investitionsbeitrages auch in Form einer Preisgarantie (Marktprämie) in Anspruch nehmen.

Projekte

In der Schweiz sind heute 14 Windparks mit je 1 bis 16 Windturbinen in Betrieb. Die insgesamt 55 Windturbinen verfügen über eine installierte Gesamtleistung von 108 MW und produzierten im Jahr 2023 rund 170 GWh/a Strom.

Zahlreiche Projekte wurden zwar eingereicht, jedoch aufgrund der teilweise seit über zehn Jahren laufenden Verfahren noch nicht realisiert werden. Dies zeigt sowohl die Komplexität der Planung wie auch die Langsamkeit der bisherigen Entscheidfindung auf. Dank der vereinfachten Verfahren des Stromgesetzes und Subventionen von bis zu 60% der Investitionskosten hat sich die Zahl der geplanten Projekte erhöht

In Tabelle 1 sind alle öffentlich verfügbaren Daten zu den aktuellen Windenergieprojekten zusammengestellt. Die Liste basiert im Wesentlichen auf der Liste der Ausbauprojekte des VSE, der Projektliste von Suisse Eole sowie der Übersicht der Windenergieprojekte von Wikipedia. Ergänzt wurden die Angaben durch im Internet publizierte Daten.

Tabelle 1: Zusammenstellung der Kenndaten der aktuellen Windenergieprojekte (Status: O = in Betrieb, B = Bewilligt/im Bau, A = in Ausschreibung, P = in Planung).

Projekt-
bezeichnung

 Anzahl
WT
Leistung

[MW]
Jahres-
prod.
[GWh/a]
Spez.
Ausbeute
[kWh/kW]
WT
Ausbeute
[GWh/WT]
Winter-
prod.
[GWh/a]
Winter-
anteil
[%]
Kosten
[MCHF]
Spez.
Kosten
[CHF/kW]
Status

ÄberdingerhöheLU527.538.51’4007.72667.5  P
BavoisVD521361’7147.2  P
BatzbergZH322.6431’90314.3  P
Bel CosterVD927652’4077.21827.7  A
Bourg St. BernardVS833.6351’0424.4  A
BurgSO511.75211’7874.21361.9  A
ChallhöchiBL413.8251’8126.3  P
CharratVS136.62’2006.67.52500O
Charrat AusbauVS211191’7279.5  A
ChroobachSH416.8271’6076.81866.730.01786A
CollongesVS124.62’3004.65.02500O
Dents du midiVS24102’5005.0  A
BarassonVS729.4206802.9  A
Crêt MeuronNE710.5111’0481.6  A
Eole-de-RuzNE729.4571’9398.14070.2  A
EolJorat NordVD412252’0836.31664.0  P
EolJorat SudVD834501’4716.332.565.0  A
EoljouxVD721552’6197.9  A
EriswilBE15.510.41’89110.49.41709P
Essertines-s-RolleVD413.842.23’05810.6  P
FeldmoosLU21.851.37030.71.6889O
LeidenbergLU315.521.71’4007.21569.1  P
GotthardTI511.7512.21’0382.47.158.232.02723O
Gotthard AusbauTI26.38.61’3654.3558.1  P
GrandsonzVD1563851’3495.7  A
GrenchenbergSO414322’2868.019.260.034.02429A
GriesVS49.356.26631.620.02139O
GrotwindSG416.832.71’9468.2  P
GütschUR43.34.81’4551.2  O
Gütsch AusbauUR614.7231’5653.8  B
HaldensteinGR134.51’5004.57.02333O
JeanbreninVD39.9161’6165.39.961.9  A
LindenbergAG316.525.21’5278.41663.5  A
LutersarniLU12.33.21’3913.2  5.02174O
MartignyVS125.12’5505.1    O
MollendruzVD1250.41122’2229.374.6766.790.01786A
Mt. BoveresseNE1032631’9696.3    P
Mt. CrosinBE87.611.81’5491.5  15.22000O
Mt. Corsin AusbauBE1637.281.72’1965.1  86.02312O
Mt. ButtesNE19571001’7545.37070.0130.02281A
Mt. TramelanBE714282’0004.018.4866.035.02500B
MuttenzBL1331’0003.0  4.51500A
ObereggAI28.5172’0008.5    A
PeuchapatteJU36.915.12’1885.0    O
ProvenceVD16711051’4796.67066.7  P
Quatre BornesNE312.6221’7467.315.470.0  A
RomontbergBE613.1302’2905.0  60.04580P
RuswilerbergLU527.538.51’4007.72667.5  P
Saint-BraisJU248.42’1004.2    O
Sainte-CroixVD613.7221’6063.7  42.03066O
SalbrigLU63346.21’4007.73064.9  P
Salen-ReutenenTG721251’1903.616.6766.7  P
ScheltenpassSO51022.92’2864.6    P
Sur GratiVD618492’7228.2    A
TousVentsVD721462’1906.63065.2  P
Summe/Mittel 299100117291’7615.858763.56142’28955

Insgesamt befinden sich 41 Anlagen im Bewilligungs- oder Planungsprozess. Sofern sie alle realisiert werden, sollen sie mit 244 Windturbinen rund 1’542 GWh Strom pro Jahr produzieren. Davon 984 GWh oder 64% im Winter. Das Förderziel des Stromgesetzes von einer zusätzlichen Winterstromproduktion von 4 TWh/a kann damit mit den geplanten Windenergieprojekten allein nicht gedeckt werden.

Investitionskosten der Windenergie

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE geht in seiner Studie zu den Stromgestehungskosten erneuerbarer Energien in Deutschland für Onshore-Windanlagen von spezifischen Investitionskosten von 1’300 bis 1’900 EUR/kW aus. Gemäss dem Cost of Wind Energy Review: 2024 Edition des US National Renewable Energy Laboratory belaufen sich die typischen spezifischen Investitionskosten für eine 3.3 MW Windturbine auf rund 2’000 USD/kW.

Die Zusammenstellung in Tabelle 1 kann als Grundlage für die Abschätzung der Investitionskosten in der Schweiz herangezogen werden. Die spezifischen Investitionskosten unterscheiden sich zwar erheblich von Projekt zu Projekt, sind im Durchschnitt aber mit 2’289 CHF/kW deutlich höher als die internationalen Werte.

Die Projektrisiken und Kostenstrukturen von Windenergieanlagen in der Schweiz sind auch Thema einer BFE-Studie zu den Investitions- und Planungsbeiträge für Windenergieanlagen in welcher mittels quantitativer Analysen aufgezeigt wird, wie die Höhe von Investitionsbeiträgen die Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen beeinflusst. Die Studie kommt zum Schluss, dass die spezifischen Investitionskosten in der Schweiz deutlich höher als in Europa sind. Als Gründe für die höheren Kosten werden insbesondere die längere und aufwändigere Planungs- und Bewilligungsverfahren, teure Ausgleichsmassnahmen und höhere Baukosten aufgrund höherer Anforderungen und komplexer Topografie genannt.

Konkret geht die Studie von spezifischen Investitionskosten von 2’250 CHF/kW für eine 3,45 MW Windturbine im Jura oder den Voralpen aus. In den Alpen sind die Kosten aufgrund der schwierigeren topographischen Verhältnisse mit 2’500 CHF/kW rund 10% höher. Die niedrigsten spezifischen Investitionskosten von 2’000 CHF/kW fallen im Mittelland und in den Föhntälern an. Dort können aufgrund der einfacheren Topografie leistungsfähigere Windturbinen zum Einsatz kommen, was sich günstig auf die Kosten auswirkt.

Tabelle 2: Aufteilung der spezifischen Investitionskosten auf die wichtigsten Kostenarten der Referenzturbine des US National Renewable Energy Laboratory sowie von modernen Windturbinen in verschiedenen Regionen der Schweiz gemäss der BFE-Studie zu den Investitions- und Planungsbeiträge für Windenergieanlagen (alle Angaben in CHF).

KostenartNREL-Referenz
3.3 MW
Alpen
3.45 MW
Jura/Voralpen
3.45 MW
Mittelland
4.2 MW
Anlage9381’4281’4541’334
Infrastruktur458625464328
Projektierung43230207219
Ausgleichsmassnahmen0164540
Übrige Kosten2542017978
Total1’6922’5002’2502’000

In Tabelle 2 ist die Aufteilung der spezifischen Investitionskosten gemäss der BFE-Studie auf die wichtigsten Kostenblöcke zusammengestellt. Zum Vergleich sind zudem die spezifischen Investitionskosten einer 3.3 MW Windturbine gemäss dem Cost of Wind Energy Review: 2024 Edition aufgeführt.

Produktionskosten der Windenergie

Die Aufteilung der jährlichen Kosten sowie deren Einflussgrössen der Windenergieanlagen ist in Tabelle 3 zusammengestellt. Die Betriebskosten umfassen die technische Leitung, die kontinuierliche Leistungsüberwachung und Berichterstattung, die Anlagensteuerung sowie Verwaltung, Strombezug, Telekomunikation, Zählermiete, etc. Die Service- und Wartungskosten beinhalten periodische Inspektionen, vorbeugende und korrektive Wartung, insbesondere Austausch von Verschleissteilen, Reparatur von defekten Komponenten, Austausch von Getrieben etc. sowie Ersatzteilmanagement und Vermessung der Turmbewegungen.

Die Werte für die Betriebs- resp. die Service- und Wartungskosten in Tabelle 3 wurden auf der Basis der Angaben in der BFE-Studie zu den Investitions- und Planungsbeiträge für Windenergieanlagen (vgl. Kapitel 3.5.1) angesetzt. Für die Pacht- und Baurechtszinsen wurde 3,5% des Umsatzes oder 0,4 Rappen pro kWh angenommen. Dies entspricht dem Durchschnitt der Abgeltungen der Windprojekte Choorbach, Lindechwald-Kohlholz, Lindenberg und Thundorf.

Tabelle 3: Aufteilung der jährlichen Kosten (in CHF/kW/a) der Referenzturbine des US National Renewable Energy Laboratory sowie von modernen Windturbinen in verschiedenen Regionen der Schweiz gemäss der BFE-Studie zu den Investitions- und Planungsbeiträge für Windenergieanlagen (alle Angaben in CHF).

KostenartReferenz
3.3 MW
Alpen
3.45 MW
Jura/Voralpen
3.45 MW
Mittelland
4.2 MW
Betriebskosten7373742
Unterhaltskosten30262621
Produktionsabgaben0677
Rückbau und Entsorgung0665
Jährliche Kosten37757675

Im Unterschied zu alpinen Solaranlagen besteht für Windenergieanlagen keine explizite gesetzliche Rückbaupflicht. Damit die Kantone die Bundesinteressen bei der Planung von Windenergieanlagen wahrnehme, hat der Bund in seinem gestützt auf Art. 13 des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG) erlassenen Konzept Windenergie seine diesbezügliche Position formuliert. So findet sich in Planungsgrundsatz 8 des Konzeptes die Forderung nach dem Rückbau nach der Ausserbetriebnahme einer Windenergieanlage. Die Kantone werden darin aufgefordert die Verpflichtung zum Rückbau bereits im Rahmen der Bewilligungsverfahren mit geeigneten Massnahmen sicherzustellen.

Bezüglich der Rückbaukosten geht das BFE von 250’000 bis 500’000 CHF für eine Windturbine mit 3,5 MW Leistung aus. Dies entspricht 3% bis 6% der Investitionskosten. In Deutschland, wo eine gesetzliche Rückbaupflicht besteht, sind bundeslandspezifische Sicherheitsleistungen für die Betreiber vorgegeben. Diese variieren von Bundesland zu Bundesland in einer Bandbreite zwischen 2% und 6.5% der Baukosten. Aufgrund der in der Schweiz herrschenden schwierigeren topographischen Bedingungen wird im vorliegenden Fall von Rückbaukosten von 5% der Investitionskosten verteilt auf 20 Jahre ausgegangen.

Insgesamt belaufen sich die jährlichen Kosten der Windenergie auf durchschnittlich 75 CHF/kW/a oder 3,3% der Investitionskosten.pro Jahr.

In Tabelle 3 sind die Produktionskosten der schweizerischen Windenergieanlagen unter verschiedenen Finanzierungsbedingungen sowie in verschiedenen Regionen zusammengestellt. Bei allen Varianten wurde, wie bei Solaranlagen angenommen, dass die Stromproduktion der Windturbinen mit zunehmendem Alter abnimmt. Die Literaturangaben zu diesem Degradation genannten Produktionsrückgang variieren zwischen 0,5% und 1,6%.In Tabelle 3 wurde von einer Degradation von 1% pro Jahr ausgegangen. Am Ende ihrer Betriebsdauer von 25 Jahren produziert eine Windturbine somit nur noch rund 80% ihrer Anfangsproduktion. Für die jährlichen Kosten wurde für alle Varianten ein Betrag von 75 CHF/kW/a angenommen.

In den drei Spalten für die gesamte Schweiz wurde von den durchschnittlichen spezifischen Investitionskosten gemäss Tabelle 1 von 2’300 CHF/kW ausgegangen. Sie unterscheiden sich bezüglich Zinsniveau und Investitionsbeiträgen. Wenn wie in den Energieperspektiven 2050+ oder im Legislaturfinanzplan 2021 bis 2023 der Eidgenössischen Finanzverwaltung von einem Realzins von 1,6% ausgegangen wird, ergeben sich bei einer mittleren spezifischen Ausbeute von 1’760 kWh/kW Produktionskosten von 112 CHF/MWh (Spalte Schweiz Mittelwert Realzins).

Das BFE verwendet bei seinen Wirtschaftlichkeitsbewertungen für Photovoltaik-Grossanlagen einen Zinssatz von 4,07%. Mit diesem sogenannten WACC-Zinssatz werden auch das Risiko des Investors und allfällige Fremdkapitalkosten abgegolten. Mit dem genannten WACC belaufen sich die Produktionskosten auf 134 CHF/MWh (Spalte Schweiz Mittelwert WACC). Werden die sehr hohen Subventionen von 60% der Investitionskosten mitberücksichtigt, sinken die Produktionskosten für den Investor auf 79 CHF/MWh (Spalte Schweiz Subventioniert). Dies ist jedoch nur eine scheinbare Verbilligung, da die Kosten nicht wirklich sinken, sondern lediglich vom Stromkonsumenten zum Steuerzahler verschoben werden.

Tabelle 3: Produktionskosten der schweizerischen Windenergieanlagen unter verschiedenen Finanzierungsbedingungen sowie in verschiedenen Regionen.

BezeichnungEinheitSchweiz

Realzins
Schweiz

WACC
Schweiz
Subven-
tioniert
Alpen

WACC
Jura/
Voralpen
WACC
Mittelland

WACC
Konstanten       
Leistung[kW]1.001.001.001.001.001.00
Ausbeute[kWh/kW]1’7601’7601’7601’4001’8501’800
Nutzungsdauer[a]252525252525
WACC[%]1.60%4.07%4.07%4.07%4.07%4.07%
Degradation[%]1.00%1.00%1.00%1.00%1.00%1.00%
Kombinationszins[%]2.63%5.12%5.12%5.12%5.12%5.12%
Abzinsfaktor 18.85914.34114.34114.34114.34114.341
Investitionen[CHF]2’3002’3009202’5002’2502’000
CAPEX[CHF]2’3002’3002’3002’5002’2502’000
Subvention[CHF]00-1’380000
Jährliche Kosten[CHF/a]757575757575
Betrieb & Unterhalt[CHF/a]757575757575
Produktionsabgaben[CHF/a]000000
Rückbau & Entsorgung[CHF/a]000000
Produktionskosten[CHF/a]197235139249232214
Kapitalkoten[CHF/a]12216064174157139
Jährliche Kosten[CHF/a]757575757575
Jahresproduktion[kWh/a]1’7601’7601’7601’4001’8501’800
LCOE[CHF/MWh]11213479178125119

In den drei rechten Spalten von Tabelle 3 sind die Produktionskosten von Windenergieanlagen in drei schweizerischen Regionen aufgeführt. Die zugrunde gelegten Annahmen basieren auf den Angaben der  BFE-Studie zu den Investitions- und Planungsbeiträge für Windenergieanlagen. Die resultierenden Produktionskosten sind in den Alpen mit 178 CHF/MWh am höchsten. Im Gebiet Jura/Voralpen und im Mittelland sind die Produktionskosten mit durchschnittlich 125 CHF/MWh resp. 119 CHF/MWh rund ein Drittel niedriger, liegen aber immer noch deutlich über den erwarteten Marktpreisen von 60 CHF/MWh. Gemäss der genannten BFE-Studie beläuft sich das wirtschaftlich nutzbare Zubaupotenzial der Windenergie selbst bei einem hohen Förderbeitrag von 60% der Investitionskosten auf lediglich 2 TWh/a. Das sind lediglich 7% des ausgewiesenen Windpotenzials.

Akzeptanz der Windenergie

Bereits heute stossen neue Windanlagen auf eine hartnäckigen Opposition, welche die Realisierung der Projekte stark verzögert oder gar verunmöglicht. Es bleibt abzuwarten, ob die mit dem neuen Stromgesetz eingeführten Planungserleichterungen zu einer Beschleunigung der Bewilligungsverfahren und zu einer Zunahme der erteilten Bewilligungen führen werden.

Die Argumente, die gegen Windanlagen angeführt werden, sind im Wesentlichen die Gleichen die auch gegen alpine PV-Anlagen vorgebracht werden. Es sind der emotionale Wert der Gebirgslandschaft für die Bevölkerung, ihre Bedeutung für den Tourismus und damit für die Wirtschaft sowie die Störwirkung auf Vögel.

Um die Landschaftsbeeinträchtigung von neu zu bauenden Windanlagen zu konkretisieren, wird von Windanlagen der neuesten Generation ausgegangen. Die grössten haben gemäss den Angaben der BFE-Windpotenzialstudie eine Masthöhe von 150 m und einen Rotordurchmesser von 160 m. Ihre Gesamthöhe beträgt 230 m. Eine solche Windturbine wäre damit ohne Berücksichtigung der Staumauern das zweithöchste Bauwerk der Schweiz.

Abbildung 4: Windpark Griess zwischen dem Griespass und dem Nufenenpass mit einer Jahresproduktion 2019 von rund 10,3 GWh/a (Bildquelle).

Wie in Abbildung 4 ersichtlich ist, haben Windanlagen eine grosse optische Auswirkung auf die Landschaft. Hinzu kommt, dass sich die Rotorblätter im Betrieb der Windturbine bewegen. Durch die damit verbundenen Emissionen wie Lärm und Schattenwurf sowie die Gefahren durch Eiswurf fühlen sich viele Menschen gestört.

Die drei letztgenannten drei negativen Auswirkungen entfallen, wenn die neuen Windanlagen im dünn besiedelten und energetisch günstigen Gebirgsgelände realisiert werden. Die potenziell negativen Auswirkungen auf den Tourismus bleiben jedoch bestehen.

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