Stromgesetz: Förderung des Ausbaus der erneuerbaren Stromproduktion
Abbildung 1: Gebäudephotovoltaik (Bildquelle).
30. April 2024
In seinem zweiten Faktenblatt macht das Bundesamt für Energie (BFE) geltend, dass das Stromgesetz die Rahmenbedingungen für einen raschen und gezielten Ausbau der Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen der Schweiz verbessert.
Am 9. Juni entscheidet die Schweizer Stimmbevölkerung über das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien – das sogenannte Stromgesetz. Ich werde mit einer Serie von Blogs auf die vom BFE publizierten Pro-Argumente zum Stromgesetz näher eingehen.
Finanzielle Randbedingungen für Grossanlagen
Das neue Stromgesetz ändert nur wenig an den finanziellen Rahmenbedingungen für Grossanlagen. Die Subventionierung für Solarparks, Wasserkraftwerke, Biomasse- und Windenergieanlagen mit bis zu 60% der anrechenbaren Investitionskosten ist bereits heute im Energiegesetz vorgesehen und wird bis 2035 verlängert. Neu jedoch soll es auch für die Projektierung solcher Anlagen bis zu 40% Subventionen geben. Zudem können Projektanten die Subventionen statt in Form eines Investitionsbeitrages auch in Form einer Preisgarantie (Marktprämie) in Anspruch nehmen.
Bezahlt werden die Subventionen mit dem sogenannten Netzzuschlag. Er beträgt heute 23 CHF/MWh und soll gemäss BFE nicht erhöht werden. Das Stromgesetz erlaubt neu, dass sich der Fonds in den die Netzzuschläge eingezahlt werden, während maximal 7 Jahren verschulden darf.
Insgesamt verbleibt die finanzielle Förderung von Solarparks, Wasserkraftwerken, Biomasse-, Windenergieanlagen auf hohem Niveau und ändert nur unwesentlich.
Finanzielle Randbedingungen für Gebäudephotovoltaik
Im Bereich der Gebäudephotovoltaik ist die Höhe der Einspeisevergütungen heute sehr unterschiedlich. Neu soll schweizweit eine harmonisierte Minimalvergütung für die Einspeisung von Strom festgelegt werden. Diese orientiert sich an der Amortisation von Referenzanlagen über ihre Lebensdauer und beläuft sich gemäss dem erläuternden Bericht zur Energieverordnung für Kleinanlagen mit einer Leistung von unter 30 kWp auf 50 CHF/MWh. Hinzu kommt in 84% der Fälle eine sogenannte HKN-Vergütung von 24 CHF/MWh. Die Berechnungsgrundlagen für die Minimalvergütung sind im in Tabelle 2 des Berichtes aufgeführt. Gemäss diesen Angaben kann mit der Minimalvergütung eine Photovoltaikanlage mit spezifischen Installationskosten von 2’650 CHF/kWp bei einem Zinssatz von 4,55% innerhalb von 25 Jahren amortisiert werden. Das ist eine sehr grosszügige Vergütung mit der auch sehr teure Installationen noch rentieren. Darüber hinaus müssen sich Besitzer von Gebäudephotovoltaikanlagen nicht an den von ihnen verursachten Netzausbaukosten von 630 CHF/kWp beteiligen, was zusätzliche Kosten für die Allgemeinheit verursacht.
Gemäss den Ausbauzielen des Stromgesetzes soll die Gebäudephotovoltaik den grössten Beitrag zum Ausbau der zukünftigen Stromproduktion liefern. So sollen Photovoltaikanlagen auf Gebäuden bis 2035 rund 25 TWh/a und bis 2050 rund 40 TWh/a Strom liefern. Mit der neuen harmonisierten Minimalvergütung werden diese Anlagen gezielt gefördert. Während sich an der finanziellen Förderung von Grossanlagen nur wenig ändert, verbessert das Stromgesetz die Rahmenbedingungen für einen raschen und gezielten Ausbau der wichtigsten erneuerbaren Energiequelle, der Gebäudephotovoltaik.
Dieser Ausbau ist aber mit erheblichen Kosten verbunden. Von allen zur Verfügung stehenden erneuerbaren Produktionstechnologien ist die Gebäudephotovoltaik mit Abstand die teuerste. Um die Ausbauziele des Stromgesetzes zu erreichen werden Investitionen von rund 78,4 Mia. CHF benötigt. Zusätzlich muss auch das Stromnetz für 25,5 Mia. CHF ausgebaut werden (siehe Tabelle 1). Die jährlichen Kosten belaufen sich auf 6,3 Mia. CHF/a.
Tabelle 1: Mehrkosten aufgrund der Ausbauziele des Stromgesetzes.
Produktions- anlagen | Jahr- 2019 [TWh/a] | Diff. [TWh/a] | Jahr- 2050 [TWh/a] | Investition Anlagen [Mia. CHF] | Investition Netz [Mia. CHF] | Investition gesamt [Mia. CHF] | Jährliche Mehrkosten [Mia. CHF/a] |
Kernkraftwerke | 25.3 | -25.3 | 0.0 | 0.0 | 0.0 | 0.0 | -1.2 |
Wärmekraftwerke | 3.7 | -0.6 | 3.1 | 0.0 | 0.0 | -0.9 | 0.0 |
Wasserkraftwerke | 40.6 | 6.6 | 47.2 | 8.7 | 0.0 | 8.7 | 0.5 |
Restwasser | 0.0 | -1.9 | -1.9 | 0.0 | 0.0 | 0.0 | 0.0 |
Gebäude-PV | 2.2 | 37.7 | 39.9 | 78.4 | 24.5 | 102.9 | 6.3 |
Windenergie | 0.1 | 6.0 | 6.1 | 6.4 | 1.1 | 7.4 | 0.6 |
Geothermie | 0.0 | 0.0 | 0.0 | 0.0 | 0.0 | 0.0 | 0.0 |
Batteriespeicher | 0.0 | -3.2 | -3.2 | 0.0 | 15.8 | 15.8 | 1.2 |
Total | 71.9 | 19.4 | 91.3 | 93.4 | 41.3 | 134.8 | 7.4 |
Auf seiner Webseite zum Stromgesetz betont das BFE, dass der Netzzuschlag gleich bleibe und dass deshalb für die Verbraucher keine neuen Kosten entstünden. Diese Aussage ist zumindest sehr missverständlich. Denn das wesentliche neue Förderelement des Stromgesetzes, die harmonisierte Minimalvergütung für Gebäudephotovoltaikanlagen, wird nicht durch den Netzzuschlag sondern durch höhere Stromtarife des Netzbetreibers finanziert. Die Kosten für die Verbraucher werden folglich allein wegen der Gebäudephotovoltaik um 6,3 Mia. CHF/a steigen.
Fazit
Mit dem Stromgesetz wird die finanzielle Förderung der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien bis 2035 verlängert. Bei den Förderbeiträgen für Grossanlagen ändert sich wenig. Das bereits sehr hohe Niveau wird beibehalten. Neu erhalten Kleinanlagen auf Gebäuden eine garantierte kostendeckende Mindestvergütung. Die Kosten der Förderung werden vollumfänglich auf die Stromkonsumenten überwälzt.
Insgesamt ist davon auszugehen, dass mit der geplanten Förderung zusätzliche erneuerbare Erzeugungskapazitäten, insbesondere im Bereich der Photovoltaik auf Gebäuden, aufgebaut werden. Insofern ist die Aussage in Faktenblatt 2 zutreffend. Zu den sehr hohen Kosten der Förderung des Ausbaus schweigt sich das Faktenblatt 2 hingegen aus.