Sequestrierung
Abbildung 1: Plattformen auf dem Ekofisk-Komplex (Bildquelle).
Die Sequestrierung von CO2 auch Carbon Capture and Storage (CCS) genannt, erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt wird CO2 meist bei Verbrennungsprozessen abgeschieden und im zweiten Schritt dauerhaft im Untergrund gespeichert.
Um die nach dem Ersatz der fossilen Energieträger verbleibenden Treibhausgasemissionen auszugleichen muss der Atmosphäre dauerhaft CO2 entzogen werden. Dazu muss in einem ersten Schritt das Treibhausgas das bei den verschiedenen Quellen frei wird abgeschieden werden.
Die dabei gewonnenen CO2-Äquivalenz-Mengen sind in Tabelle 1 zusammen gestellt.
THG-Quellen | THG-Emission 2050 [Mt CO2-eq/a] | THG-Abscheidung [Mt CO2-eq/a] | THG-Speicherung [Mt CO2-eq/a] | Investi- tion [MCHF] | Jahres- kosten [MCHF/a] | Energie- bedarf [TWh/a] |
Biogasproduktion | 2.1 | 2.1 | -1.2 | 431.3 | 52 | 0.2 |
Gärgas | 0.9 | 0.9 | 0.0 | 312 | 28 | 0.2 |
Pflanzenkohle | 1.2 | 1.2 | -1.2 | 119 | 24 | 0.0 |
Wärmekraftwerke | 7.8 | 7.0 | 2.3 | 2’192 | 179 | 8.4 |
Holz | 2.3 | 2.1 | 0.0 | 655 | 53 | 2.5 |
Fossiler Müll | 2.3 | 2.1 | 2.3 | 661 | 54 | 2.5 |
Biomüll | 1.9 | 1.7 | 0.0 | 525 | 43 | 2.0 |
Klärschlamm | 0.2 | 0.2 | 0.0 | 70 | 6 | 0.3 |
Biogas | 0.2 | 0.2 | 0.0 | 57 | 5 | 0.2 |
Pyrolysegas | 0.8 | 0.7 | 0.0 | 224 | 18 | 0.9 |
Prozesswärme | 6.6 | 6.6 | 2.5 | 3’427 | 281 | 2.0 |
Holz | 3.9 | 3.9 | 0.0 | 2’018 | 165 | 1.2 |
Fossiler Müll | 0.9 | 0.9 | 0.9 | 450 | 37 | 0.3 |
Biomüll | 0.2 | 0.2 | 0.0 | 124 | 10 | 0.1 |
Zement | 1.6 | 1.6 | 1.6 | 835 | 68 | 0.5 |
Flugtreibstoff | 6.2 | 0.0 | 0.0 | 0 | 0 | 0.0 |
Weitere THG-Quellen | 6.6 | 0.0 | 6.6 | 0 | 0 | 0.0 |
Methan | 4.1 | 0.0 | 4.1 | 0 | 0 | 0.0 |
Lachgas | 2.1 | 0.0 | 2.1 | 0 | 0 | 0.0 |
F-Gase | 0.4 | 0.0 | 0.4 | 0 | 0 | 0.0 |
Zwischentotal | 29.2 | 15.6 | 10.2 | 6’050 | 512 | 10.6 |
DAC | 0.0 | 2.0 | 0.0 | 6’122 | 482 | 3.5 |
Gesamttotal | 29.2 | 17.6 | 10.2 | 12’172 | 994 | 14.1 |
Importkerosin | 23,0 | 11,4 | 10,2 | 4’410 | 373 | 7,7 |
Um das Netto-Null-Ziel zu erreichen müssen 17,6 Mt CO2-eq/a abgeschieden werden. Davon lassen sich 15,6 Mt CO2/a direkt an der Quelle, in Wärmekraftwerken, Kehrichtverbrennungsanlagen, bei der Zementherstellung, der Prozesswärmeerzeugung oder bei der Biogasproduktion abscheiden. Die dafür benötigten Investitionen belaufen sich auf 6,1 Mia. CHF und die jährlichen Kapital- und Unterhaltskosten auf 0,5 Mia. CHF/a. Der Strombedarf für die CO2-Abscheidung beträgt 10,6 TWh/a.
Die direkt an der Quelle abscheidbaren 15,6 Mt CO2/a genügen nicht um die Zielgrösse von 17,6 Mt CO2-eq/a des Netto-Null-Ziel zu erreichen. Dazu müssen der Atmosphäre weitere 2,0 Mt CO2/a entzogen werden.
Wälder wären dazu in der Lage. Dank dem Waldzuwachs werden in der Schweiz rund 2,5 Mt CO2/a in Form von Waldholz gespeichert. Doch für die Erreichung der Klimaziele ist diese CO2-Menge nicht relevant. Dies weil der natürliche Waldzuwachs im Unterschied zu von Menschen durchgeführten Aufforstungen gemäss Kyoto-Protokoll nicht als negative Emission angerechnet werden kann.
Als Alternative verbleibt deshalb nur das sogenannte Direct-Air-Capture (DAC). Mit diesem Verfahren lässt sich CO2 direkt aus der Umgebungsluft abscheiden. Obwohl mit DAC nicht einmal 10% der benötigten CO2-Menge gewonnen werden müssen, verursacht das Verfahren rund die Hälfte der Investitions- und Jahreskosten. Zudem hat DAC einen grossen Landverbrauch und ist lärmig.
Insgesamt fallen für die CO2-Abscheidung Investitionskosten von 12,2 Mia. CHF/a, Betriebs- und Kapital- und Unterhaltskosten von 1,0 Mia. CHF/a sowie ein Strombedarf von 14,1 TWh/a an.
Aus Akzeptanz- und Kostengründen ist es wahrscheinlich, dass die Schweiz versuchen wird einen Teil der CO2-Abscheidung ins Ausland zu verlagern. Dazu bietet sich der klimaneutrale Flugtreibstoff an, der wie in den Energieperspektiven 2050+ vorgesehen, aus dem Ausland importiert werden könnte. Durch den Import reduziert sich der CO2-Abscheidebedarf in der Schweiz um 6,2 Mt CO2/a auf 11,4 Mt CO2/a. Dadurch entfällt auch die Notwendigkeit das umstrittene DAC-Verfahren in der Schweiz einzusetzen. Die Investitionskosten reduzieren sich in diesem Fall auf 4,4 Mia. CHF/a, die Betriebs- und Kapitalkosten auf 0,4 Mia. CHF/a und der Strombedarf auf 7,7 TWh/a. Im Gegenzug fallen natürlich die Kosten für den importierten Flugtreibstoff an.
Die CO2-Beiträge aus der Zementherstellung und der Verbrennung von fossilem Müll sowie der weiteren Treibhausgase im Umfang von 11,4 Mt CO2-eq/a müssen nach der Abscheidung langfristig im Untergrund gespeichert werden. Davon werden bei der Produktion von Pflanzenkohle 1,2 Mt CO2/a in Form von Kohlenstoff gebunden, sodass deren geologische Speicherung entfällt.
Die verbleibenden 10,2 Mt CO2/a müssen jedoch dauerhaft im Untergrund gespeichert und damit von der Atmosphäre ferngehalten werden. Dafür stehen folgende Speichermethoden zur Verfügung
- Verpressung: Die günstigste Speicherlösung ergibt sich mit der Verpressung des CO2 in salinen Aquiferen oder ausgebeuteten Erdgas- und Erdöllagerstätten. Es ist wenig wahrscheinlich, dass solche Lagerstätten in der selber Schweiz gefunden werden, sodass für das schweizerische CO2 insbesondere die norwegischen Lagerstätten unter der Nordsee in Frage kommen. Dort fallen neben den Transportkosten von 490 Mio. CHF/a, lediglich 100 Mio. CHF/a für das Verpressen des CO2 im Untergrund an. Der Nachteil der Verpressung von gasförmigem CO2 im Untergrund liegt darin, dass ein gewisses Risiko einer Wiederfreisetzung durch Leckagen und geologische Störungen besteht.
- In-situ Karbonatisierung: Bei diesem Verwitterungsprozess reagiert CO2 in Form von Kohlensäure mit basischen Gesteinen wie Basalt, Dunit oder Serpentinit zu Karbonaten. Letztere sind chemisch stabil und in der Lage das CO2 während langen Zeiträumen zu binden. Es besteht somit kein Risiko für eine Wiederfreisetzung des CO2.
Wenn die Kohlensäure direkt in den Untergrund gepumpt wird und die chemische Reaktion dort stattfindet spricht man von in-situ Karbonatisierung. Geeignete Bedingungen für die in-situ Karbonatisierung bestehen insbesondere in Island. - Beschleunigte Verwitterung (Ausland): Der CO2 bindende Verwitterungsprozess findet selbstverständlich auch an der Oberfläche statt. In natürlicher Form ist er aber zu langsam um die benötigten Mengen an CO2 zu binden. Er kann jedoch durch eine Vorbehandlung der Ausgangsgesteine stark beschleunigt werden. Geeignete Olivin reiche Speichergesteine für die beschleunigte Verwitterung finden sich beispielsweise in Italien, Österreich oder Frankreich.
- Beschleunigte Verwitterung (Schweiz): Die Betriebskosten für die beschleunigte Verwitterung in der Schweiz sind wegen der geringeren Transportkosten mit 690 CHF/a zwar etwas tiefer als bei den anderen Speichermethoden. Weil das in der Schweiz am weitesten verbreitete Speichergestein, der Serpentinit, eine aufwändige thermische Vorbehandlung benötigt, ist der Energieverbrauch für die Speicherung viel höher als bei den anderen Speichermethoden.
In Tabelle 2 sind die Kosten und der Energiebedarf für die geologische Speicherung der der in der Schweiz jährlich anfallenden 10,2 Mt CO2/a zusammengestellt.
Speicher- methode | Investitions- kosten [MCHF/a] | Transport- kosten [MCHF/a] | Betriebs- kosten [MCHF/a] | Gesamt- kosten [MCHF/a] | Energie- bedarf [TWh/a] |
Verpressung | – | 490 | 100 | 590 | 0.0 |
In-situ Karbonatisierung | – | 490 | 280 | 770 | 1.7 |
Beschleunigte Verwitterung (Ausland) | – | 490 | 350 | 840 | 2.3 |
Beschleunigte Verwitterung (Schweiz) | 1’800 | 340 | 350 | 690 | 9.5 |
Mit 9,5 TWh/a ist der Energiebedarf für die geologische Speicherung in der Schweiz mit Abstand am grössten und damit entsprechend teuer. Dies liegt insbesondere an den ungünstigen schweizerischen Speichergesteinen, welche eine aufwändige thermische Vorbehandlung benötigen. Es ist deshalb sinnvoll für die geologische Speicherung des CO2 Lösungen im Ausland zu verfolgen. Unter Annahme eines Strompreises von 48 CHF/MWh ergeben sich dafür Kosten von rund 0,9 Mia. CHF für die Speicherung des CO2 in Form von Karbonaten.