Restemissionen

Abbildung 1: Rauch und Nebel (Bildquelle).

Die fossilen Energieträger lassen sich zwar sehr stark reduzieren aber nicht gänzlich ersetzen. Zudem gibt es neben dem CO2 noch andere klimawirksame Treibhausgase. In der Schweiz werden deshalb im Jahr 2050 immer noch Treibhausgase mit einem Äquivalent von 17,6 Mt CO2/a freigesetzt.

Die vom Mensch verursachten Quellen dieser Emissionen sind:

  • Energetisch genutzte Biomasse: Beim Verbrennen oder Verkohlen von Holz, Biogas, Gärgut, Biomüll und Klärschlamm wird CO2 freigesetzt. Die im Jahr 2019 freigesetzte Menge belief sich auf 9,2 Mt CO2/a. Mit dem vorgesehenen Ausbau der Biomasseproduktion wird diese Menge bis 2050 auf 13,7 Mt CO2/a ansteigen. Die gleiche Menge an CO2 wurde beim Aufbau der Biomasse der Atmosphäre entzogen. Das bei der Verbrennung entstehende CO2 ist deshalb klimaneutral und muss für die Erreichung des Netto-Null-Ziels nicht kompensiert werden.
  • Flugtreibstoff: Es ist technisch sehr schwierig Flugzeuge auf einen alternativen Treibstoff umzurüsten. Deshalb wird zumindest für das nächste Jahrzehnt weiterhin mit Kerosin geflogen werden. Der Kerosinverbrauch im internationalen Flugverkehr der Schweiz belief sich im Jahr 2019 auf 1,9 Mt und verursachte einen CO2-Ausstoss von 6,2 Mt CO2/a.
  • Zementproduktion: Auch bei der Zementherstellung entsteht nicht vermeidbares CO2. Selbst wenn der Brennofen gänzlich ohne fossile Brennstoffe betrieben wird, gibt das Kalkgesteins beim Brennen CO2 ab. Dies macht rund 400 kg CO2 pro Tonne produzierten Zements aus. Im Jahr 2019 wurden in der Schweiz 4,0 Mt Zement produziert. Die nicht-vermeidbare und deshalb zu kompensierende CO2-Produktion belief sich damit auf 1,6 Mt CO2/a («Netzwerk mineralische Rohstoffe Schweiz«).
  • Fossiler Müll: Müll hat einen fossilen Anteil von etwas mehr als 50%. Dieser besteht zum grössten Teil aus Kunststoffen und Verbundmaterialien, Altöl, Autopneus sowie aus Textilien und Elektronik. Die Verbrennung dieser Abfälle in KVA und Industrieprozessen ist die einzige praktikable Entsorgungsmöglichkeit (VBSA-Bericht). Deshalb lassen sich die damit verbundenen CO2-Emissionen nicht vermeiden und müssen kompensiert werden. Im Jahr 2019 wurden 5,3 Mt Müll verbrannt, was einer CO2-Menge von 5,8 Mt entspricht. Davon sind 3,2 Mt CO2 fossilen Ursprungs.
  • Weitere Treibhausgase: Neben dem Kohlendioxid gibt es noch weitere Treibhausgase, die sich kaum vermeiden lassen und deren Treibhauswirkung ebenfalls durch die Eliminierung von CO2 aus der Atmosphäre kompensiert werden muss. Im Jahr 2019 wurde Methan mit einem CO2-Äquivalent von 4,6 Mt CO2-eq/a und Lachgas mit einem CO2-Äquivalent von 3,0 Mt CO2-eq/a freigesetzt. Der grösste Teil davon stammt aus der Landwirtschaft. Weitere 1,6 Mt CO2-eq/a stammten von fluorierten Gase aus Industrie und Haushalten (vgl., BAFU THG-Kenngrössen).

Tabelle 1: Ausgehend vom Jahr 2019 hergeleitete im Jahr 2050 verbleibende Treibhausgasemissionen sowie der Kompensationsbedarf.

THG-QuellenMenge 2019

[Mt/a]
THG-Emission 2019

[Mt CO2-eq/a]
Änderung

[Mt CO2-eq/a]
THG-Emission 2050

[Mt CO2-eq/a]
Kima-
wirksame THG
[Mt CO2-eq/a]
Kohlendioxid14.920.13.523.611.0
Biomasse6.09.13.512.60.0
Gärgas0.20.20.70.90.0
Gärreste0.30.51.52.00.0
Klärschlamm0.10.20.10.20.0
Biogas0.10.30.81.10.0
Holz3.05.40.76.20.0
Biomüll2.22.4-0.32.20.0
Fossiler Müll3.03.20.03.23.2
Zementklinker4.01.60.01.61.6
Flugtreibstoff1.96.20.06.26.2
Weitere THG0.29.2-2.66.66.6
Methan0.24.6-0.54.14.1
Lachgas0.013.0-0.92.12.1
F-Gase0.0011.6-1.20.40.4
Total15.129.30.930.217.6

Mit Reduktionsmassnahmen die auf einer konkreten technischen Lösung basieren, können die Emissionen an weiteren Treibhausgasen um -2,6 Mt CO2-eq/a auf 6,6 Mt CO2-eq/a reduziert werden. Diese Abnahme ist in Tabelle 1 bereits berücksichtigt. Die verbleibenden Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2050 belaufen damit auf 30,2 Mt CO2/a. Davon entfallen 17,6 Mt CO2-eq/a auf klimawirksame CO2-Emissionen.

Im Folgenden wird auf die einzelnen Reduktionsmassnahmen näher eingegangen. Die Angaben zu den Treibhausgasen sind dem schweizerischen Treibhausgasreport 1990-2020 entnommen.

  • Methan- und Lachgasemissionen bei der Hofdüngerlagerung: Die Hofdüngerlagerung (Code 3B) trägt mit 0,6 Mt CO2-eq/a Methan zur Treibhausbilanz bei. Rund 90% davon stammen aus der langfristigen Lagerung von Gülle. Mit einer konsequenteren Nutzung des Hofdüngers zur Biogaserzeugung nehmen auch die Methanemissionen bei der Lagerung ab. Gemäss Abbildung 19 des WSL-Berichts soll die Biogasproduktion aus Hofdünger von 2,6 PJ auf 26,9 PJ gesteigert werden. Der Nutzungsgrad steigt von 6% auf 64% und damit sinkt die gelagerte Hofdüngermenge von 94% auf 36%. Dies entspricht einer Abnahme lagerungsbedingten Methanemissionen um 0,3 Mt CO2-eq/a. Aus analogen Überlegungen gehen auch die indirekten Lachgasemissionen von 0,3 Mt CO2-eq/a auf 0,1 Mt CO2-eq/a zurück.
    Die Verminderung der lagerbedingten Methanemissionen von Hofdünger sind eine Folge der Ausweitung der Biogasproduktion, weshalb dafür keine Kosten oder Energieaufwände anzusetzen sind.
  • Methanemissionen aus Deponien: Die auf Deponien entsorgten Abfallmengen (Code 5A) begannen in den frühen 1990er Jahren zu sinken. Seit 2009 werden in der Schweiz keine organischen Abfälle mehr deponiert. Die heute noch emittierten Methanmengen stammen noch aus Abfällen die vor 2009 deponiert wurden, wobei eine Abnahme der Methanmengen um 63% pro Jahrzehnt zu beobachten ist. Man kann davon ausgehen, dass sich dieser Trend fortsetzt. Die Emissionen von 0,3 Mt CO2-eq im Jahr 2020 werden sich somit bis im Jahr 2050 um 0,2 Mt CO2-eq/a auf unter 0,1 Mt CO2-eq/a reduzieren.
    Da es sich bei der Abnahme der Methanemissionen von Deponien um einen natürlichen Vorgang handelt fallen dabei keine Kosten oder Energieaufwände an.
  • Lachgasemissionen bei der Klärschlammverbrennung: Die Lachgasemissionen der Klärschlammverbrennung (Code 5D) machen 45% der Lachgasemissionen von Kläranlagen aus (vgl., AWEL Kanton Zürich, Folie 5). Seit 2006 wird in der Schweiz sämtlicher Klärschlamm verbrannt. Von den jährlich anfallenden rund 0,2 Mt landen 64% in speziellen Schlammverbrennungsanlagen, 14% in Kehrichtverbrennungsanlagen (KVAs) und die restlichen 22% in Zementöfen. Ab dem Jahr 2026 muss das im Klärschlamm enthaltene Phosphor zurück gewonnen werden. Es ist deshalb absehbar, dass in Zukunft der gesamte Klärschlamm in speziellen Anlagen verbrannt wird. Durch optimierte Verbrennungsverfahren, insbesondere Wirbelschichtöfen lassen sich die Lachgasemissionen aus der Klärschlammverbrennung fast gänzlich eliminieren (vgl. Folien 8 und 9 und damit rund 0,1 Mt CO2-eq an Lachgasemissionen vermeiden.
  • Lachgasemissionen bei der Niacinproduktion: Bei der Herstellung des Vitamins Niacin (Code 2B10) in der Produktionsanlage des Chemie- und Pharmaunternehmens Lonza in Visp, werden jährlich rund 2’000 t Lachgas frei (BAFU, 2020). Dies wurde bei. im Rahmen der Prozessoptimierung im Jahr 2018 durchgeführten Messungen, festgestellt. Die in Visp freigesetzte Lachgasmenge entspricht rund 0,6 Mt CO2-eq/a und ist höher als bisher angenommen. Lonza hat sich verpflichtet, bis spätestens Ende 2021 einen Katalysator einzubauen, der die Emissionen um mindestens 98 Prozent vermindert. Die 12 Mio. CHF teure Anlage konnte Anfang Oktober 2021 in Betrieb genommen werden (nau.ch, 2021).
  • Ersatz von Fluorkohlenwasserstoffen in Kältemitteln: Unter den synthetischen Gasen liefern Fluorkohlenwasserstoffe (HFC) mit 1,3 Mt CO2-eq/a mit Abstand den grössten Beitrag zur Treibhausgasbilanz. Sie kommen insbesondere als Kältemittel in Kühlschränken, Klimaanlagen und Wärmepumpen zum Einsatz (Code 2F1).
    Als Ersatz haben sich alternative Kältemittel wie Kohlenwasserstoffe, Kohlendioxid oder Ammoniak bereits technisch etabliert. Neben der vernachlässigbaren Treibhauswirkung haben diese Kältemittel den Vorteil, dass die entsprechenden Anlagen meist effizienter als solche mit HFC-Gasen arbeiten. Der Einsatz alternativer Kältemittel ist jedoch mit technischen Herausforderungen verbunden. So sind Kohlenwasserstoffe brennbar und Ammoniak giftig. Deshalb sind bei der Anwendung entsprechende Sicherheitsvorkehrungen umzusetzen und die heutigen Normen entsprechend anzupassen (Deutsche Umwelthilfe).
    Mit einem Ersatz von 90% der HCF-basierten Kältemittel könnte eine Reduktion um 1,2 Mt CO2-eq/a erzielt werden. Wenn der Ersatz des Kältemittels im Rahmen der ordentlichen Erneuerung der Kälteanlagen erfolgt, sollten daraus keine relevanten Mehrkosten entstehen.

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