Alpine Photovoltaik
Abbildung 1: Visualisierung der alpinen Solaranlage SedrunSolar in Tujetsch. (Bildquelle).
Im Gebirge angesiedelte Solaranlagen haben verschiedene Vorteile, weil die Ausbeute an Solarstrom in den Bergen besonders hoch ist. Dies liegt daran, dass die Sonnenstrahlung in den Alpen intensiver und die Stromproduktion in den Wintermonaten zwei- bis dreimal höher ist als bei einer vergleichbaren Anlage im Mittelland. Andererseits sind alpine Solaranlagen vergleichsweise teuer und beeinträchtigen das Landschaftsbild.
Produktionspotenzial der alpinen Photovoltaik
Dank der günstigen Sonneneinstrahlung ist die spezifische Jahresausbeute in den Alpen deutlich höher als im schweizerischen Mittelland. In der Versuchsanlage Alpenstrom Davos wurden spezifische Jahresausbeuten von bis zu 1’900 kWh/kWp erzielt. Das ist fast doppelt so hoch wie die durchschnittliche Jahresausbeute in der Schweiz. Dazu entfallen bei der alpinen Versuchsanlage bis zu 53% ihrer Produktion (statt 26% wie im Mittelland) auf das Winterhalbjahr.
Die genannten Zahlen stellen natürlich Spitzenwerte für optimal montierte bifaziale Solarzellen dar. Solche Solarzellen nutzen das Licht auf ihrer Vorder- und Rückseite zur Stromproduktion und können somit insbesondere im Winter höhere Stromerträge generieren. In Abbildung 2 sind fie Stromerträge des Jahres von April 2023 und März 2024 für alle in der Versuchsanlage vertretenen Solarmodultypen zusammengestellt.

Abbildung 2: Spezifische Stromerträge der Versuchsanlage Alpenstrom Davos zwischen April 2023 und März 2024 als Säulen (Winterhalbjahr dunkel, Sommerhalbjahr hell) mit den Minimal- und Maximalwerten seit Messbeginn als Doppel-T-Balken. Das Symbol * zeigt den Mittelwert pro Anlagensegment seit Messbeginn (Bildquelle).
In der Praxis gehen die Projektanten der im Rahmen des Solarexpress geplanten aktuellen alpinen Photovoltaikprojekte zurzeit von spezifischen Stromerträgen von 1’474 kWh/kWp und einem Winteranteil von 42% aus (Tabelle 1).

Abbildung 3: Mittlere spezifische Monatserträge der bifazialen 60-Grad-Anlagensegmente in Davos (orange), der Praxiswerte der Solarexpressprojekte (violett) und der Vergleichsanlage in Wädenswil (grau) während der Untersuchungsperiode von April 2023 bis März 2024 als Säulen.
Wie aus Abbildung 3 ersichtlich ist, sind diese Werte deutlich niedriger als die oft kolportieren Spitzenwerte der Versuchsanlage, aber immer noch deutlich besser als bei einer Anlage im schweizerischen Mittelland mit einem spezifischen Stromertrag von rund 925 kWh/kWp und einem Winteranteil von 26%.
Ausbaupotenzial der alpinen Photovoltaik
Für die Erstellung von alpinen Freiflächenanlagen kommen grundsätzlich Alpweiden oberhalb der Waldgrenze, Konversionsflächen (Deponien, Kieswerke und Steinbrüche) und die Wasserflächen von Stauseen in höheren Lagen in Frage. Dabei steht aus technischer Sicht die Nutzung von Alpweiden oberhalb der Baumgrenze im Vordergrund. Aufgrund ihrer Höhenlage erzielen Solaranlagen dort im schweizerischen Vergleich die grössten Energieerträge. Zudem sind Alpweiden in der Regel besser zugänglich als ungenutztes Berggelände, weshalb mit dort mit tieferen Baukosten gerechnet werden kann. Die folgenden Ausführungen zum Ausbaupotenzial der Freiflächenphotovoltaik konzentrieren sich deshalb auf die genannten Alpweiden.
Im Alpenraum stehen grosse Flächen an unbewaldetem Gelände zur Verfügung. Allein die Alpweiden bedecken 11% der Fläche der Schweiz. Dies entspricht 4’655 km2 womit grundsätzlich sehr viel Platz für Freiflächenanlagen zur Verfügung steht.
Eine detaillierte Analyse zum Potenzial der alpinen Photovoltaik findet sich in der Studie Alpenstrom jetzt! . In dieser Studie wurden Höhenlagen unterhalb von 800 m.ü.M. oder oberhalb von 2’700 m.ü.M. sowie Hänge mit einer Neigung von mehr als 30⁰ oder einer nördlichen Ausrichtung ausgeschlossen. Weiter wurde für potenziell geeignete Flächen gefordert, dass sie eine Mindestgrösse von 5’000 m2 haben, nicht weiter als 500 m von einer befahrbaren Strasse entfernt und nicht innerhalb des Nationalparks liegen sowie keine ungeeignete Oberflächenbedeckung wie Gletscher, Felswand, Wald etc. aufweisen. Nach der Anwendung aller genannten Einschränkungen verbleibt eine Fläche von 150 km2. Mit einem zweiten Modell wurde der standortspezifisch erzielbare Flächenertrag bestimmt.
Das daraus resultierende technisch realisierbare Potential für die Stromerzeugung im alpinen Raum wird auf 41,0 TWh/a beziffert. Davon entfallen 45% resp. 18,5 TWh/a auf den Sommer und 55% resp. 22,6 TWh/a auf den Winter.
Hinzu kommt das Ausbaupotenzial Staumauern und Stauseen. Gemäss InfraSolaire-Studie beläuft sich das darauf technisch realisierbare Potenzial auf 2,1 GW. Mit dieser Leistung lassen sich rund 3,2 TWh/a produzieren. Davon entfallen 60% resp. 1,9 TWh/a auf den Sommer und 40% resp. 1,3 TWh/a auf den Winter.
Mit den für die Herleitung des Potenzials gewählten Einschränkungen werden schlecht erschlossene Flächen oder Flächen mit schwierigen Baubedingungen ausgeschlossen. Mit weniger strengen Einschränkungen würde sich eine bedeutend grössere Fläche und damit auch ein grösseres Stromerzeugungspotenzial ergeben. Die schlechtere Erschliessung hätte aber höhere Baukosten zur Folge. Letztlich richtet sich das für alpine Photovoltaik nutzbare Potenzial nach den Stromgestehungskosten, die sich bei dessen Realisierung ergeben.
Solarexpress
Zur Schaffung der Voraussetzungen für eine rasche Realisierung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen mit hoher Winterproduktion hat das Parlament im Herbst 2022 den sogenannten «Solarexpress» (hochalpine Solaranlagen) beschlossen. Dieser soll die Förderung von hochalpinen Photovoltaik-Grossanlagen ermöglichen.
Der neue Art. 71a des Energiegesetzes (EnG) sieht Erleichterungen bei den Bewilligungsvoraussetzungen für Photovoltaik-Grossanlagen sowie deren Förderung mit einer speziellen, im Einzelfall zu bestimmenden Einmalvergütung von bis zu 60% der Investitionskosten vor. Der Anwendungsbereich der Bestimmung ist jedoch zeitlich befristet und gilt nur, bis mit den errichteten Photovoltaik-Grossanlagen gesamtschweizerisch eine jährliche Gesamtproduktion von 2 TWh/a erreicht wird. Der Solarexpress ist bis 2025 befristet. Danach wird eine vergleichbare Förderung auf Basis des 2024 verabschiedeten Stromgesetzes erfolgen. Die Erleichterungen des Solarexpress gelten für Photovoltaik-Grossanlagen welche:
- eine jährliche Mindestproduktion von 10 GWh/a aufweisen (Art. 71a Abs. 2 Bst. a EnG); und
- eine Stromproduktion im Winterhalbjahr von mindestens 500 kWh pro kW installierter Leistung erbringen (Art. 71a Abs. 2 Bst. b EnG).
Der Kanton Graubünden hat einen Leitfaden ausgearbeitet in dem im Detail aufgezeigt wird, wie die Bundesvorgaben durch die Projektierenden einzuhalten sowie auf Stufe Kanton und Gemeinden umzusetzen sind.
Projekte
Vor dem Inkrafttreten des Solarexpress war es ausserhalb von Bauzonen aus raumplanerischen und umweltrechtlichen Gründen fast unmöglich Freiflächen-Photovoltaikanlagen zu realisieren. Als Konsequenz der schwierigen Bewilligungssituation konnten vor 2022 lediglich zwei Projekte realisiert werden. Es handelt sich dabei um eine Solaranlage im ehemaligen Steinbruch Calinis bei Felsberg und eine schwimmende Installation auf dem Stausee Lac des Toules.
Die vereinfachten Verfahren des Solarexpress und Subventionen von bis zu 60% der Investitionskosten lösten einen eigentlichen Projektboom aus. Anfangs ging das BFE von rund 200 Projekten aus. Über 56 geplante Projekte wurde in den Medien berichtet. Davon sind bis heute 32 übriggeblieben. Lediglich 4 Projekte verfügten bis Januar 2025 über eine Baubewilligung. 24 Projekte wurden sistiert oder definitiv eingestellt. Als Gründe können ablehnende Entscheide der Standortgemeinden oder ungenügende Wirtschaftlichkeit genannt werden.
In Tabelle 1 sind alle öffentlich verfügbaren Daten zu den aktuellen Solarexpressprojekten zusammengestellt. Die Liste basiert im Wesentlichen auf der Liste der Ausbauprojekte des VSE, der Datenbank von Alpine PV competence sowie der Übersicht der Photovoltaik-Grossanlagen des BFE. Ergänzt wurden die Angaben durch im Internet publizierte Daten.
Tabelle 1: Zusammenstellung der Kenndaten der aktuellen alpinen Photovoltaikprojekte im Rahmen des Solarexpress (Projektstatus: B = Bewilligt/im Bau, A = in Ausschreibung, P = in Planung, E=Eingestellt)
Projekt- bezeichnung | Peak- Leistung [MW] | Jahres- prod. [GWh/a] | Spez. Ausbeute [kWh/kW] | Winter- prod. [GWh/a] | Winter- anteil [%] | Kosten [Mio. CHF] | Spez. Kosten [CHF/kW] | Höhe ü. M. [m] | Fläche [ha] | Projekt- status | |
Alp Hintisberg | BE | 10.0 | 12.0 | 1’200 | 5.0 | 42 | 1’650 | 12.0 | P | ||
Belalp | VS | 6.4 | 11.1 | 1’734 | 4.4 | 39 | 2’650 | 7.0 | P | ||
Bernina | GR | 12.6 | 18.0 | 1’429 | 6.7 | 37 | 30.0 | 2’381 | 2’481 | 13.0 | A |
Chasseral | BE | 8.5 | 11.0 | 1’294 | 4.6 | 41 | 25.0 | 2’941 | 1’249 | 15.0 | A |
Duragno | TI | 9.9 | 14.4 | 1’455 | 7.6 | 53 | 46.0 | 4’646 | 1’768 | 8.0 | A |
Felsenstrom | SG | 9.4 | 12.0 | 1’278 | 5.3 | 44 | 33.0 | 3’514 | 454 | 4.5 | A |
Gibidum | VS | 25.0 | 40.0 | 1’600 | 18.0 | 45 | 100.0 | 4’000 | 2’270 | 30.0 | P |
Gondo | VS | 15.9 | 18.2 | 1’145 | 7.0 | 39 | 42.0 | 2’642 | 2’071 | 17.0 | A |
Grands Plans | VS | 12.0 | 17.7 | 1’475 | 7.1 | 40 | 22.5 | 1’875 | 2’450 | 13.0 | P |
Grengiols | VS | 92.0 | 150.0 | 1’630 | 65.0 | 43 | 375.0 | 4’076 | 2’382 | 80.0 | A |
Gries | VS | 14.0 | 21.0 | 1’500 | 8.5 | 40 | 2’446 | 10.0 | P | ||
Hahnenmoosbärgli | BE | 8.7 | 12.9 | 1’477 | 6.1 | 48 | 35.0 | 4’023 | 2’050 | 6.8 | A |
Hohsaas | VS | 7.0 | 12.0 | 1’714 | 5.2 | 43 | 60.0 | 8’571 | 3’100 | 6.5 | A |
Lac des Toules | VS | 17.0 | 22.0 | 1’294 | 9.0 | 41 | 1’810 | 21.0 | P | ||
Madrisa | GR | 10.8 | 16.6 | 1’537 | 6.8 | 41 | 50.0 | 4’630 | 2’050 | 15.0 | B |
Magriel | GR | 9.5 | 14.6 | 1’537 | 5.4 | 37 | 40.0 | 4’211 | 2’189 | 10.0 | P |
Matterhorn | VS | 7.7 | 12.6 | 1’636 | 4.4 | 35 | 2’852 | 20.0 | A | ||
Morgeten | BE | 8.4 | 12.0 | 1’432 | 5.4 | 45 | 19.0 | 2’267 | 2’127 | 7.5 | A |
Nalps | GR | 8.0 | 10.6 | 1’325 | 4.1 | 39 | 50.0 | 6’250 | 2’003 | 10.0 | B |
Parsenn | GR | 8.3 | 12.1 | 1’458 | 4.9 | 40 | 38.0 | 4’578 | 2’444 | 12.5 | A |
Prafleuri | VS | 18.5 | 25.0 | 1’351 | 5.7 | 23 | 65.0 | 3’514 | 2’800 | 32.0 | P |
Rosswald | VS | 5.7 | 12.0 | 2’105 | 5.2 | 43 | 35.0 | 6’140 | 2’200 | 7.0 | P |
Samedan | GR | 14.5 | 18.8 | 1’297 | 8.8 | 47 | 41.0 | 2’828 | 1’705 | 21.0 | A |
Tschingel Ost | BE | 8.5 | 13.3 | 1’565 | 6.0 | 45 | 2’088 | 9.0 | P | ||
Scuol | GR | 37.0 | 48.0 | 1’297 | 17.2 | 36 | 100.0 | 2’703 | 2’272 | 57.0 | A |
Sedrun | GR | 19.3 | 29.0 | 1’503 | 13.6 | 47 | 87.0 | 4’508 | 2’029 | 33.0 | B |
Sidenplangg | UR | 8.0 | 11.2 | 1’400 | 4.6 | 41 | 39.0 | 4’875 | 1’900 | 12.0 | A |
Sufers | GR | 8.0 | 13.0 | 1’625 | 7.0 | 54 | 30.0 | 3’750 | 2’000 | 10.0 | P |
Mäsweide | VS | 30.0 | 44.0 | 1’467 | 20.0 | 45 | 100.0 | 3’333 | 2’400 | 44.0 | P |
Wysse Bodu | VS | 30.0 | 44.0 | 1’467 | 20.0 | 45 | 100.0 | 3’333 | 2’600 | 44.0 | P |
Vorab | GR | 8.6 | 11.5 | 1’337 | 4.7 | 41 | 35.0 | 4’070 | 2’600 | 15.0 | B |
z’Opmisch Hubil | VS | 12.0 | 18.0 | 1’500 | 9.0 | 50 | 60.0 | 5’000 | 1’665 | 14.0 | P |
Summe/Mittel | 501 | 739 | 1’474 | 312 | 42.2 | 1658 | 4’025 | 2’149 | 617 | 32 |
Die noch im Planungsprozess befindlichen 32 Anlagen werden, sofern sie alle realisiert werden, auf einer Fläche von 617 ha rund 739 GWh Strom pro Jahr produzieren. Davon 312 GWh oder 42% im Winter. Das Förderziel des Solarexpress von einer zusätzlichen Gesamtproduktion von 2 TWh/a wird damit deutlich verfehlt.
Um zu ergründen, warum das Förderziel nicht erreicht wird, hat der VSE eine Umfrage bei den Projektverantwortlichen durchgeführt. Die Umfrage identifiziert zwei entscheidende Hürden. Zum einen ist es die enge Frist bis Ende 2025, Bis zu diesem Zeitpunkt muss mindestens 10% der projektierten Jahresproduktion der Anlage ins Netz eingespeist werden. Trotz der Verfahrenserleichterungen des Solarexpress ist diese enge Frist äusserst herausfordernd. Gemäss den Rückmeldungen verzögern insbesondere die zeitintensiven Umweltverträglichkeitsprüfungen, die lange Bearbeitungszeit der Baugesuche sowie Beschwerden die Umsetzung der Projekte.
Zum anderen gibt es aus Sicht der Mehrheit der Projektanten trotz der Subventionen ein grosses Fragezeichen bei der Wirtschaftlichkeit. Die alpinen Solaranlagen werden deutlich teurer als erwartet. In den ursprünglichen Planungen wurde unterschätzt, dass die extremen Wetterverhältnisse in den Bergen mit starken Winden und grossen Schneemengen sowie die schwierige Erschliessung in abgelegenen Geländen zu höheren Kosten führt. So müssen die Fundamente der hochalpinen Anlagen sehr viel mehr Kräfte aushalten und deshalb viel stabiler sein als bei Freiflächenanlagen im Mittelland.
Um ein Beispiel herauszugreifen: Im Jahr 2022 schätzten die Projektanten des Projektes Grengiols die spezifischen Investitionskosten der Solaranlage auf unter 1’000 CHF/kWp. Heute wird im gleichen Projekt von spezifischen Kosten von 4’076 CHF/kWp ausgegangen – vier Mal mehr als ursprünglich vorgesehen.
Investitionskosten der alpinen Photovoltaik
Die Zusammenstellung in Tabelle 1 kann als Grundlage für die Abschätzung der Investitionskosten der alpinen Photovoltaik herangezogen werden. Die Investitionskosten unterscheiden sich zwar erheblich von Projekt zu Projekt, sind im Durchschnitt aber mit 4’025 CHF/kW sehr hoch.
Freiflächenanlagen in tieferen Lagen sind deutlich günstiger. So geht das Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme ISE in seiner Studie zu den Stromgestehungskosten erneuerbarer Energien für grosse Freiflächenanlagen mit einer Leistung von mehr als 1 MW von spezifischen Investitionskosten von 700 bis 900 EUR/kW aus. Falls aufgrund der höheren Aufständerung der Solarmodule eine landwirtschaftliche Doppelnutzung der Anlage möglich ist, spricht die ISE-Studie von Agri-PV-Anlagen und nennt spezifische Investitionskosen von 900 bis 1’700 EUR/kWp. Mit den Kennzahlen des Solar Photovoltaic System Cost Benchmark des US Department of Energy resultieren für eine typische Anlage mit 15 MW spezifische Investitionskosten von 1’390 USD/kWp und damit ähnliche Werte.
Die Gründe für die deutlich höheren Kosten der alpinen Photovoltaikanlagen wurden von der Gruppe für Klimafinanzierung der ETHZ im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsstudie analysiert. In der Studie werden drei Hauptgründe genannt, die zu den genannten Mehrkosten führen: Notwendigkeit robusterer Montagevorrichtungen, ungünstige Bodenstruktur und Transportbedingungen sowie grosse Entfernung zum Netzanschluss.
Im günstigsten Fall rechnet die Studie mit spezifischen Investitionskosten von 2’130 CHF/kW für eine 15 MW Anlage auf über 2’000 m ü. M. mit guter Anbindung an die Strassen- und Netzinfrastruktur und geeignetem Untergrund. Die Mehrkosten im Vergleich zu einer Anlage in tieferen Lagen werden in diesem Fall einzig durch die notwendigen robusteren Montagevorrichtungen verursacht. Bei ungünstiger Bodenstruktur und schlechter Strassenerschliessung steigen die Kosten auf 2’780 CHF/kW und bei zusätzlicher Entfernung des Netzanschlusspunktes auf 3’310 CHF/kW. Für sehr ungünstige Konstellationen rechnet die Studie mit 4’000 CHF/kW.

Abbildung 4: Histogramm der spezifischen Investitionskosten der Solarexpressprojekte gemäss Tabelle 1
Wie aus dem Histogramm in Abbildung 2 ersichtlich ist, sind die spezifischen Investitionskosten der aktuellen Solarexpressprojekte tendenziell sogar noch etwas höher als in der Wirtschaftlichkeitsstudie der ETH angenommen. Der Mittelwert der vorliegenden Projekte liegt mit 4’025 CHF/kW im Bereich der teuersten Kostenkategorie der Studie. Nur drei Solarexpressprojekte können den günstigsten beiden Kostenkategorien zugeordnet werden.
In Tabelle 2 ist der spezifischen Investitionskosten auf die wichtigsten Komponenten für eine typische Freiflächenanlage im Tiefland Lagen sowie für alpine Solaranlagen verschiedener Kostenkategorien zusammengestellt. Die Angaben zur Freiflächenanlage stammen vom PV System Cost Model (PVSCM) des US Department of Energy für eine leicht an schweizerische Verhältnisse angepasste mittelgrosse Photovoltaikanlage mit einer Leistungsbereich von 1,5 MW bis 6,0 MW. Die Herleitung für die alpinen Anlagen erfolgten analog zum in der Wirtschaftlichkeitsstudie der ETH beschriebenen Vorgehen (vgl. Kapitel 2.2.1.1 und Fig. 12) und stimmen mit den in Tabelle 4 der Studie angegebenen prozentualen Bandbreiten für Kapitalkosten überein.
Tabelle 2: Aufteilung der spezifischen Investitionskosten auf die wichtigsten Ausrüstungen einer Freiflächenanlage im Tiefland sowie alpiner Solaranlagen verschiedener Kostenkategorien.
Ausrüstungen | Nutzungs- dauer [a] | Frei- flächen PV [CHF/kW] | Alpin PV 2500 [CHF/kW] | Alpin PV 3000 [CHF/kW] | Alpin PV 3500 [CHF/kW] | Alpin PV 4000 [CHF/kW] | Alpin PV 4500 [CHF/kW] |
Montagevorrichtungen | 60 | 439 | 1’250 | 1’700 | 1’700 | 2’000 | 2’300 |
Solarmodule | 30 | 220 | 250 | 250 | 250 | 250 | 250 |
Wechselrichter | 15 | 42 | 50 | 50 | 50 | 50 | 50 |
Elektrische Ausrüstungen | 30 | 126 | 200 | 200 | 200 | 200 | 200 |
Netzzuleitung | 60 | 17 | 20 | 20 | 470 | 620 | 770 |
Schaltanlage | 30 | 108 | 180 | 180 | 180 | 180 | 180 |
Sonstiges | 30 | 51 | 200 | 200 | 200 | 200 | 200 |
Planung / Bauleitung | 30 | 249 | 350 | 400 | 450 | 500 | 550 |
Total | 30 | 1’251 | 2’500 | 3’000 | 3’500 | 4’000 | 4’500 |
Die Montagevorrichtungen der alpinen Solaranlagen verursachen die grössten Kosten. Im Mittel wenden die Solarexpressprojekte dafür 2’000 CHF/kW auf. Weitere gewichtige Kostenfaktoren sind mit 770 CHF/kW die Nutzzuleitungen sowie der Planungsaufwand von 550 CHF/kW.
Die Photovoltaik hat in den letzten Jahren bedeutende Kostensenkungen erlebt. Dies war insbesondere auf sinkende Preise für die Solarmodule zurückzuführen. Bei den Solarexpressprojekten machen die Kosten für die Solarmodule heute lediglich 6,3% der gesamten Investitionskosen aus. Aufgrund dieses geringen Anteils werden sich weiter sinkende Preise für Solarmodule nur unwesentlich auf die Gesamtkosten alpiner Solarprojekte auswirken.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die allermeisten derzeit vorliegenden Solarexpressprojekte relativ vorteilhafte Standorteigenschaften aufweisen und somit einer «low hanging fruit»-Auswahl entsprechen. Die grosse Mehrheit ist in Skigebieten oder in der Nachbarschaft von Stauanlagen geplant. Damit ist eine Grunderschliessung mit Strassen, aber auch mit dem Stromnetz vorhanden. Trotzdem sind die Investitionskosten relativ hoch. Bei einer Ausdehnung der alpinen Solarproduktion müsste auch an schwierigeren Standorten gebaut werden, was die Kosten tendenziell erhöht.
Als Beispiel für ein Projekt an einem schwierigen Standort kann das Projekt Hohsas in Saas-Grund genannt werden. Die Solaranlage soll in einer Höhe von 3’100 m unterhalb der Bergstation Kreuzboden-Hohsaas errichtet werden und wird damit zur höchstgelegenen Anlage des Solarexpress. Ein Teil der Anlage soll auf der relativ flachen Kuppe einer Moräne errichtet werden (Teilfeld «Ebene»), der zweite Teil wird im steilen Südhang der Moräne realisiert (Teilfeld «Verikal»). Im Teilfeld «Vertikal» sollen die Solarmodule mit einer neuartigen hängenden Installation am Felsen montiert werden. Obwohl dank der Nähe zu Bergstation Kreuzboden-Hohsaas relativ gut erschlossen, resultieren aufgrund des steilen Geländes und der grossen Höhenlage, spezifische Investitionskosten von 8’571 CHF/kW rund doppelt so hoch wie der Durchschnitt der übrigen Projekte.
Jährliche Kosten der alpinen Photovoltaik
Die Aufteilung der jährlichen Kosten sowie deren Einflussgrössen der Solaranlagen ist in Tabelle 3 zusammengestellt. Die Betriebskosten umfassen die Reinigungs- und Aufräumarbeiten, die periodischen Kontrollen, die Behandlung von Störalarmen sowie Verwaltung, Strombezug, Telekomunikation, Zählermiete, etc. und hängen im Wesentlichen von der Fläche einer Solaranlage ab. Die Werte in Tabelle 3 wurden auf der Basis des PVSCM für die alpinen Solaranlagen hochskaliert. Die Kosten für Reparaturen und Versicherungen und Rückbau sind proportional zu den Investitionskosten. Die Reparaturkosten wurden Basis des PVSCM für die alpinen Solaranlagen hochskaliert. Die Versicherungsprämie beträgt gemäss PVSCM 2,5‰ pro Jahr für Tieflandanlagen. Aufgrund der schwierigeren Umweltbedingungen wurde für alpine Anlagen in Anlehnung an die Tarife der Photovoltaikversicherung der Helvetia Versicherung ein Prämiensatz 2,9‰ gewählt. Für die Pacht- und Baurechtszinsen wurde 1 Rappen pro kWh angenommen, was in etwa dem Durchschnitt der Produktionsabgaben der Solarexpressprojekte entspricht.
Tabelle 3: Aufteilung der jährlichen Kosten (in CHF/kW/a) sowie deren Einflussgrössen (F = Flächenabhängig, I = Investitionsabhängig, P = Produktionsabhängig, K = Konstant) einer Freiflächenanlage im Tiefland sowie alpiner Solaranlagen verschiedener Kostenkategorien.
Kostenart | Einfluss- grösse [F,I,P,K] | Frei- flächen PV [CHF/kW/a] | Alpin PV 2500 [CHF/kW/a] | Alpin PV 3000 [CHF/kW/a] | Alpin PV 3500 [CHF/kW/a] | Alpin PV 4000 [CHF/kW/a] | Alpin PV 4500 [CHF/kW/a] |
Betriebskosten | F | 7.6 | 15.0 | 15.0 | 15.0 | 15.0 | 15.0 |
Reparaturkosten | I | 2.4 | 26.3 | 35.3 | 35.3 | 41.3 | 47.3 |
Versicherungen | I | 3.0 | 7.5 | 9.0 | 10.5 | 12.0 | 13.5 |
Baurechtszins | P | 4.6 | 15.0 | 15.0 | 15.0 | 15.0 | 15.0 |
Rückbau | I | 1.3 | 12.5 | 15.0 | 17.5 | 20.0 | 22.5 |
Monitoring | K | 0.0 | 2.0 | 2.0 | 2.0 | 2.0 | 2.0 |
Total | 13.0 | 48.8 | 59.3 | 60.8 | 68.3 | 75.8 |
Im Solarexpress ist vorgeschrieben, dass die Anlagen nach Ausserbetriebnahme vollständig zurückgebaut werden müssen. Die dafür benötigten Rückstellungen wurden von der Wirtschaftlichkeitsbewertung für Photovoltaik-Grossanlagen des BFE übernommen. Sie belaufen sich auf 15% der Investitionskosten verteilt auf 32 Jahre. Hinzu kommen die Kosten für eine wissenschaftliche Begleitung (max. 5% der Investitionskosten, höchstens aber 1 Mio. CHF gemäss Anhang 4 der Energieförderungsverordnung, EnFV).
Insgesamt belaufen sich die jährlichen Kosten der Solarexpressprojekte auf durchschnittlich 68,3 CHF/kW/a oder 1,7% der Investitionskosten.pro Jahr.
Produktionskosten der alpinen Photovoltaik
Gestützt auf Tabelle 1 wird für die Bestimmung der Produktionskosten von den durchschnittlichen spezifischen Investitionskosten von 4’000 CHF/kW und einer mittleren spezifischen Ausbeute von 1’500 kWh/kW ausgegangen. Daraus ergibt sich bei einer Nutzungsdauer der Anlagen von 30 Jahren, einem Realzins von 1,6% und jährlichen Kosten von 1,7% der Investitionskosten ein Strompreispreis von 158 CHF/MWh.
Das BFE verwendet bei seinen Wirtschaftlichkeitsbewertungen für Photovoltaik-Grossanlagen einen Zinssatz von 4,07%. Mit diesem sogenannten WACC-Zinssatz werden auch das Risiko des Investors und allfällige Fremdkapitalkosten abgegolten. Mit dem WACC und der zusätzlichen Annahme eines jährlichen Produktionsrückganges von 0,5% aufgrund der Alterung der Solarmodule (Degradation) resultieren sogar Produktionskosten von 216 CHF/MWh. Werden die sehr hohen Subventionen von 60% der Investitionskosten mitberücksichtigt, sinken die Produktionskosten für den Investor auf 119 CHF/MWh. Dies ist jedoch nur eine scheinbare Verbilligung, da die Kosten nicht wirklich sinken, sondern lediglich vom Stromkonsumenten zum Steuerzahler verschoben werden.
Gemäss Einschätzung des VSE werden die wenigsten Anlagen bei den aktuellen Marktpreisen selbst unter Berücksichtigung der Förderbeiträge konkurrenzfähig produzieren.
Umweltbeeinträchtigungen der alpinen Photovoltaik
Bei der Umweltbeeinträchtigungen der Photovoltaik können die Auswirkungen auf die Biodiversität sowie auf die Landschaft unterschieden werden. Zu beiden Themenbereichen hat die schweizerische Akademie der Wissenschaften in einem Leitfaden Kriterien mit Vorschlägen für die konkrete Umsetzung für Photovoltaik-Freiflächenanlagen ausgearbeitet.
Gemäss diesem lassen sich für die Wirkung des Betriebes von PV-Freiflächenanlagen auf das Verhalten von verschiedenen Tierarten und auf ökologisch sensible Flächen keine wissenschaftlich gesicherten Aussagen machen. In einer Literaturstudie der ZHAW hat sich gezeigt, dass sich Solarparks auf intensiv genutztem Flächen positiv auf die Biodiversität auswirken können. Es ist jedoch unklar, ob die positive Entwicklung auf die installierten Solarmodule selbst oder auf die weniger intensive landwirtschaftliche Nutzung der Flächen unterhalb der Solarmodule zurückzuführen ist.
Unbestritten ist jedoch, dass der Bau von PV-Grossanlagen insbesondere an steilen Hanglagen den Einsatz von Raupenfahrzeugen oder Schreitbaggern bedingt. Besonders auf empfindlichen Böden besteht das Risiko, dass diese durch das Befahren verdichtet werden und umfassende Schäden an Vegetation und Boden verursacht werden.
Diese Auswirkungen werden bei den Baubewilligungen berücksichtigt. So wurden z.B. beim in einem vorbelasteten, touristisch genutzten Gebiet situierten Projekt Sedrun Solar, Orchideenstandorte, Flachmoore und Trockenwiesen von der Nutzung ausgespart.
Im Unterschied zu den Auswirkungen auf die Biodiversität sind die Auswirkungen von alpinen Solaranlagen offensichtlich. Wie in Abbildung 1 ersichtlich ist, sind die Anlagen aufgrund ihrer auffälligen tiefschwarzen Farbe und Blendwirkung von weither sichtbar und stören das Landschaftsbild.
Noch einschneidender sind die lokalen Beeinträchtigungen. Um diese zu konkretisieren, wird vom Projekt Gondosolar ausgegangen. Dort ist vorgesehen, dass die Solarmodule vertikal montiert werden und sich in einer Höhe von mindestens 1,5 Meter über dem Bodenniveau befinden. Damit ist sichergestellt, dass die Solarmodule im Winter nicht eingeschneit werden. Gleichzeitig ermöglicht diese Höhe eine landwirtschaftliche Nutzung mit Schafen oder Ziegen. Mit Solaranlagen bestückte Alpweiden können jedoch nicht mehr mit Rindvieh genutzt werden.
Die Gesamthöhe der Solarmodule beträgt knapp inklusive der Untergestelle 5 m. Der Abstand zwischen zwei Solarmodulreihen beträgt 3,5 Meter. Abbildung 2 zeigt eine Visualisierung der Pilotanlage Gondosolar. Bei einer Wanderung durch eine solche Anlage mit endlosen Solarmodulkorridoren ohne Aussicht, wird der visuelle Eindruck m.E., im Gegensatz zu den beschönigenden Aussagen der Projektanten, deutlich beeinträchtigt.

Abbildung 5: Visualisierung der Pilotanlage Gondosolar. Fotomontage auf der Basis eines Werbefotos von Gondosolar (Bildquelle: Eigene Visualisierung basierend auf https://www.gondosolar.ch/das-projekt/umwelt-und-landschaft).
Um Unterschied zu Windanlagen beschränken sich die Auswirkung von PV-Freiflächenanlagen jedoch auf den rein optischen Landschaftseindruck. Sie haben keine Rotorblätter, die sich bewegen und verursachen dadurch im Betrieb keine Lärmemissionen oder Schatten- und Eiswurf.
Akzeptanz der alpinen Photovoltaik
Alpine Solaranlagen sind nichts Schönes. Für ihren Bau müssen viele Hektaren Land mit dichten Reihen von Solartischen bedeckt werden. Im Gegenzug sind sie in der Lage auch im Winter nennenswerte Mengen an CO2-freiem Strom zu produzieren und damit zum Klimaschutz beizutragen.
Dieser Widerspruch zwischen Klima- und Landschaftsschutz bringt insbesondere Umweltschutzverbände in argumentative Bedrängnis. Um ihren Widerstand gegen die alpinen Solarparks zu rechtfertigen, fordern sie stattdessen eine Verstärkung des Ausbaus der Gebäudephotovoltaik. Auf die Dächer nicht in die Natur lautet ihre Devise. Dass die Gebäudephotovoltaik technisch nicht in der Lage ist, die Winterstromversorgung sicherzustellen bleibt in dieser Argumentation unberücksichtigt.
Standortgemeinden können von alpinen Solaranlagen finanziell profitieren. So werden Pacht- und Baurechte für Solarexpressprojekte mit einer durchschnittlichen Produktionsabgabe von 1 Rappen pro kWh abgegolten. Diese Einnahmen sind jedoch in Anbetracht der grossen Auswirkungen der Solaranlagen auf das Landschaftsbild, insbesondere im Vergleich zu den Einnahmen aus Wasserkraftwerken oder dem Tourismus relativ klein. Der wichtigste Erfolgsfaktor für die Akzeptanz von Solaranlagen in den Standortgemeinden war gemäss dem Monitoring des VSE die regionale Verankerung der Projekte. Bei den bisher 41 durchgeführten Gemeindeabstimmungen wurde 26-mal für und 15-mal gegen die Projekte gestimmt.